Billigstkino, in dem alles geht: »Mad Cats« © Busch Media Group

Wo sich Katzenfrauen und Hundemänner finden

Das Fantasy Filmfest überzeugt mit harter Action und haltlosem Unsinn

Ein weit überdurchschnittlicher Jahrgang für das Fantasy Filmfest — Chapeau! Allen voran sei Tsuno Reikis »Mad Cats« erwähnt, ein heil- wie haltlos absurdes Stück Alles-Geht-Kino der Billigstbudget-Art. Darin muss sich ein überforderter netter Trottel mit einer Horde Katzen in Frauengestalt ­herumschlagen, damit die Welt nicht untergeht. Und so. In Japan entstehen jedes Jahr gefühlt ein Dutzend solcher Delirien (Meister wie Kawasaki Minoru konnten daraus veritable Karrieren basteln). Was davon seinen Weg hierhin findet, hängt im Allgemeinen davon ab, ob sich erst ein Weltvertrieb, dann ein hiesiger Verleih dafür interessiert oder nicht — ein in sich ziemlich geschlossenes System, in dem das Fantasy Filmfest seit Ewigkeiten als einer von vielen Durchlauferhitzern beziehungsweise Akklamationsmultiplikatoren funktioniert.

Alles wird irgendwann mal zumindest via Heimmedien verfügbar sein. Aber auf dem Fantasy Filmfest kann man die Filme wenigstens einmal auf der großen Leinwand sehen — wohin »Mad Cats« auch eindeutig gehört. So einen prächtigen Quatsch kann man alleine in seinem Wohnzimmer einfach nicht wirklich verstehen. Der lebt nur, wenn Massen gemeinsam vor ungläubigem Staunen glucksen, kichern und schreien! Die Konzeptkunstkinovariante davon ist Bertrand Mandicos Campspektakel »Conann«, eine perversionspralle Ode an Robert Ervin Howards Pulp-Legende mit einem »n« weniger, nicht zuletzt bekannt geworden durch die Verfilmung(en) mit Arnie Schwarzenegger in der Titelrolle. Mandico bietet derb pansexuellen Kitsch, der wirklich ans Gemüt geht und nicht wie bloße Spekulation daherkommt. Dass Conann als Hundsfrau ein merkwürdiges spirituelles Verwandtschaftsverhältnis zu Luc Bessons mehr als nur erstaunlichem »DogMan« aufweist, der frisch aus Venedig ebenfalls beim Fantasy Filmfest läuft, ist eine andere Geschichte.

So einen prächtigen Quatsch kann man alleine in seinem Wohnzimmer einfach nicht wirklich verstehen

Ein ganz anderes Kaliber ist Xavier Gens’ »Farang«, der souverän demonstriert, dass Frankreich die letzte europäische Freistatt des klassischen Actionkinos ist. Die Geschichte vom Mann auf der Flucht, welcher in einem fernen Land seine Ruhe gefunden hat, doch nun von der Vergangenheit heimgesucht wird, kennt man und liebt man, weil sie einen existentiellen Kern trifft. Gens erfindet denn auch das Rad nicht neu, nützt aber die Gelegenheit, sich auf das Wissen seines Publikums verlassen zu können, um allerhand in Sachen Action- und Martial-Arts-Choreographie auszuprobieren. Toll! Und wo wir schon beim Schicksal sind: Soi Cheangs aktuelles Meisterwerk »Mad Fate« zeigt mit gewohnter Verve, dass man ihm nicht entkommt. Den eingefleischten Fans des Regisseurs mag es erfreuen, dass der Film in seinem rauh-farbigen Look sowie der Faszination für die verkommeneren architektonischen Seiten Hongkongs stark an seine frühen Horrormeisterwerke anknüpft.

Am erfreulichsten ist aber die außerordentliche Auswahl an Animationsfilmen: Drei Werke aus drei verschiedenen Ländern in drei ganz eigenen tonalen Registern, die zusammen eine Ahnung davon verleihen, was diese spezielle Kunstform so zu leisten vermag. Pablo Bergers Comicadaption »Robot Dreams« ist lieblich und kommt ohne Dialoge aus. Was hätten sich ein Hund und der Roboter, den er sich gebaut hat, auch schon groß zu sagen, vor allem, wenn die Welt um sie herum so laut und klar spricht? Jérémie Périns »Mars Express« verdankt der Ideen- wie Bilderwelt Oshii Mamorus (»Ghost in the Shell«) genauso viel wie den Romanen und Geschichten von Philip Kindred Dick – also: Hightech noir mit Androiden in einer Welt, in der der Übergang zwischen Mensch und Künstlicher Intelligenz nurmehr ein fließender ist. Zhao Jis »New Gods: Yang Jian«, schließlich, ist ein atemberaubendes Steam­punk-Martial-Arts-Spektakel, in dem chinesische Mythologie mit Science-Fiction-Einflüssen aus aller Welt wie wild zu einem organischen Ganzen vermischt werden.

Klar, es finden sich im Programm auch wieder einige Nieten vor allem der kunstsinnigen Art: Ausdrücklich gewarnt sei vor Stéphan Castangs prätentiös-zynischem »Vincent Must Die«, Amanda Nell Eus folklorisch-trister Retortentotgeburt »Tiger Stripes« sowie allen koreanischen Filmen der Auswahl. Am Ende überwiegen aber ganz entschieden die Freuden und Überraschungen. 

Infos: fantasyfilmfest.de