Gastarbeiter-AgitProp: »Kara Kafa« © Korhan Yurtsever

Requiem für einen Traum

Politisches Filmemachen aus den 70er Jahren

Der September lässt sich auf zwei äußerst unterschiedliche dabei eng verwandte Dokumentarprojekte verdichten: Im Filmhaus läuft Patricio Guzmáns Trilogie »Die Schlacht um Chile« rund um den 50. Jahrestag der Ermordung des demokratisch gewählten Prä­siden­ten Salvador Allende. Teil eins, »Der Aufstand der Bourgeoisie« (1975), zeigt den Wahlkampf 1973 und die Gewalt, welche bei dem Sieg von Allendes Partei Unidad Popular ausbricht — am Ende auf den Punkt gebracht durch die Erschießung des Kameramanns Leonardo Henrichsen, die von ihm selbst gefilmt wurde. »Der Staatsstreich« (1976) beschreibt den Putsch durch General Pinochet, »Die Volksmacht« (1979) schließlich das Chile der Jahre 1972–73, funk­tioniert also als eine Art Requiem für alles, was verloren wurde.

In der Unterführung am Ebertplatz laufen im Rahmen der bundesweiten Dokumentarfilmtage Let’sDOK Auszüge aus der »Kölner Wochenschau«, einer auf Video gedrehten Lokalnachrichtenalternative von Monika Minzlaff, Christian Maiwurm, Jochen Fischer sowie dem Kabarettisten Heinrich Pachl. Letzterer äußerte sich auf diesen Seiten im Juni 1978 folgendermaßen zu dem Unterfangen: »Wir haben die Absicht, die Kölner Alltagsprobleme als Betroffene und mit Betroffenen darzustellen und möglichst viel über das, was in den einzelnen Stadtgebieten vor sich geht, zu informieren. (…) Zum Teil haben wir als Videogruppe selbst das Problem aufgegriffen und anschließend den Rohschnitt mit den Betroffenen diskutiert. Daraus ergaben sich dann die Änderungen für den Schnitt. Zum Teil sind die Filme völlig selbständig von den Mitgliedern der Initiativen bearbeitet und geschnitten worden.« Der ungewöhnliche Vorführort passt gut zum Projekt, liefen die Beiträge damals doch auch bewusst an Treffpunkten der alternativen Art, was von Kneipe bis Hinterhof alles sein konnte.

In dieses verlorene Köln führt zudem Korhan Yurtsevers stramm sozialistisch-realistisches Stück Gastarbeiter-AgitProp »Kara Kafa« (1979), das anlässlich eines anderen 50. Jubiläum gezeigt wird: dem des wilden Streiks bei Ford im Jahr 1973. Allerdings wird Köln bei Yurtsever unbekümmert mit dem Ruhrpott verschnitten. Was dem Film aus heutiger Sicht etwas leicht Bizarres gibt, während das politisch Didaktische etwas sehr Erfrischendes hat.

Infos: filmhaus.de, letsdoc.de, ­streikkultur.org