Ist schon modernisiert: Neue GAG-Zentrale in Köln-Kalk

Günstiges wohnen ist teuer

Auch vor gemeinnützigen Wohnungsgesellschaften machen gestiegene Preise für Energie und Baumaterial sowie hohe Kreditzinsen nicht halt. Zuletzt hat die GAG mit hohen Mietsteigerungen Protest provoziert. ­Dahinter stecken Probleme, die viele Wohnungsunternehmen betreffen

Dass die SPD ein gemeinnütziges Wohnungsunternehmen angreift, kommt eher selten vor. In Köln ist es passiert. Als vor wenigen Wochen die GAG, mit rund 42.000 Wohnungen Kölns größte Vermieter:in, eine Erhöhung der Bestandsmiete ankündigte, hagelte es Kritik von ­Seiten der Genossen. SPD-Fraktionschef Christian Joisten forderte ein »Miet-Moratorium«, die SPD-Landtagsabgeordneten, darunter der ehemalige GAG-Aufsichtsrats­vorsitzende Jochen Ott, befürchteten eine Abkehr vom »sozialen Auftrag« der GAG. Laut Satzung soll das Unternehmen sicheren Wohnraum »zu sozial angemessenen Bedingungen« bereitstellen. Die GAG gehört zu 88 Prozent der Stadt Köln.

Nicht wenige in der Kölner Politik werteten die Kritik als einen SPD-internen Konflikt. Schließlich befindet sich Mike Homann, der GAG-Vorstandsvorsitzende, gerade in einem Rechtsstreit mit seiner Partei, weil SPD-Fraktionschef Christian Joisten ihn im Frühjahr fristlos als Fraktionsgeschäftsführer entlassen hat. GAG-Vorstandsmitglied Kathrin Möller hält die Auseinandersetzung für ein Wahlkampf-Manöver: »Die SPD haut auf die Falschen.«  Durchschnittlich 7,26 Euro pro Quadratmeter habe die Miete bei der GAG Ende 2022 betragen, und auch nach den Erhöhungen sei sie weiter am unteren Ende des Mietspiegels, sagt ihre Vorstandskollegin Anne Keilholz.

 Begründet hat die GAG die Mieterhöhung mit gestiegenen Energie- und Baukosten. 2022 hätte die Kostensteigerung im Baubereich bei 15 bis 18 Prozent gelegen, aktuell seien es immer noch acht Prozent, sagt Kathrin Möller. Im Zusammenspiel mit den ebenfalls gestiegenen Kreditzinsen hat das negative Auswirkungen auf die Bautätigkeit des Unternehmens. In der letzten Bilanzpressekonferenz verkündete die GAG, dass sie 1049 Wohnungen baue und 691 modernisiere. Rund zwei Drittel davon sind öffentlich gefördert — das ist auch nötig. »Alles, was wir bis heute geplant und durchfinanziert haben, können wir auch fertigbauen«, sagt Anne Keilholz. »Aber wenn wir jetzt eine neue Investitionsrechnung machen, ­kommen wir im freifinanzierten Teil auf eine Miete von 18 Euro pro Quadratmeter, damit es sich rechnet.« Für 2025 rechnet die GAG daher damit, dass die Zahl neu ­gebauter Wohnungen einbricht.

Nicht besser sieht es bei der Modernisierung der Altbestände aus, die manchmal noch aus den 60er Jahren stammen. Teilweise wird die GAG dabei unterstützt. Die Sanierung von 1200 Wohnungen in Chorweiler, die die GAG 2016 gekauf hat, wird mit 141 Mio. Euro vom Land NRW bezuschusst — das sind rund 117.000 Euro pro Wohnung. Die Stadt Köln wiederum strebt die Klimaneutralität für das Jahr 2035 an, hat bislang aber nicht erklärt, wie der Wohnungssektor dieses Ziel erreichen soll. »Wenn nicht ein Wunder passiert, werden wir das nicht schaffen«, sagt Kathrin Möller. Sie hofft, dass ihr Unternehmen bis 2045 klimaneutral ist. Dies sei jedoch auch von Fortschritten bei der Heizungstechnik und dem Ausbau des Fernwärmenetzes abhängig. Darauf warten kann die GAG nicht. Das viel diskutierte Gebäudeenergiegesetz soll 2024 in Kraft treten, und die EU bereitet eine Sanierungspflicht vor, wonach Altbauten bis 2033 mindestens die Energieklasse »D« erreicht haben sollen. Hinzu kommt ein gesteigertes Bewusstsein für Nebenkosten auf Seiten der Mieter:innen. »Es ist schwieriger für uns geworden, eine Wohnung mit einem Energieausweis der Klasse E, F oder G zu vermieten«, sagt Kathrin Möller — trotz des angespannten Kölner Wohnungsmarkts. Laut Geschäftsplan will die GAG pro Jahr 400 bis 600 Wohnungen modernisieren. »Das wird nicht funktionieren, weil wir es nicht finanziert bekommen«, sagt Kathrin Möller. »Über unsere Mieten ist die Sanierung nicht darstellbar«, sagt Anne Keilholz. Die GAG schaue sich deshalb die Wohnungen mit niedrigem Energiestandard Haus für Haus an: »Wir überlegen uns, wo wir den meisten Nutzen bekommen, und es noch bezahlbar ist. Es geht gar nicht anders, als auf Sicht zu fahren.«

Mit dieser Situation steht die GAG nicht allein da. Andere große Wohnungsunternehmen reagieren auf die Notwendigkeit, den Bestand zu sanieren, mit einem Verkauf von Wohnungen. Die LEG will sich von mehreren Hundert Wohnungen trennen, die »im unteren Mietsegment« liegen, wie es im Immobilienjargon heißt: Sie sind also sanierungsbedürftig. Auch die Vonovia hat im Mai 1350 Wohnungen verkauft, zusätzlich zu ihrer Beteiligung an einer baden-württembergischen Immobiliengesellschaft und einem US-Fonds mit 21.000 Wohnungen im April. Für die GAG käme das jedoch nicht in Frage, sagen die Vorstandsmitglieder. »Für uns ist es keine Option, sich von Wohnungen unterhalb der Energieklasse D zu trennen«, sagt Anne Keilholz. »Wir sind Bestandshalter.« Jedoch werde sich das Unternehmen von Wohnungen und Häusern trennen, die nicht Teil ­einer größeren Siedlung und damit teurer zu bewirtschaften sind. »Das sind etwa 20 bis 30 Wohneinheiten im Jahr«, sagt Anne Keilholz.

Wir brauchen Geld für die Modernisierung
Kathrin Möller, GAG

»Wir brauchen Geld für die Modernisierung«, sagt Kathrin Möller. Für Michael Weisenstein, bei der Linken für Stadtentwicklung zuständig, könnte dies etwa über einen Kassenkredit der Stadt Köln bereitgestellt werden. Es habe bereits Gespräche mit der Stadtkämmerin und dem Wohnungsbaudezernat gegeben, sagt Kathrin Möller. Allerdings habe sie im Angesichts der Finanzlage bei den städtischen Kliniken und den Verlusten der KVB »Beißhemmungen, zu sagen: Rück doch mal ein Paket für die GAG heraus«. Zumal die Stadt Köln als Hauptanteilseigner der GAG momentan davon ausgeht, bis 2027 etwa 7,4 Mio. Euro jährlich an Dividende ausgeschüttet zu bekommen. »Das wird bald vorbei sein«, sagt Michael Weisenstein, der sich fragt, wie die Übergangszeit von der Politik gestaltet werden wird. Michael Frenzel von der SPD erinnert daran, dass seine Partei bereits zur Kommunalwahl 2020 eine Investition von 500 Mio. Euro in den Wohnungsbau gefordert habe: »Ich vermisse beim Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt eine Strategie für den Wohnungsbau.« Sowohl SPD als auch die Linke wünschen sich langfristig eine städtische Wohnungsbaugesellschaft.

»Eine Unterstützung der GAG durch die Stadt könnte rechtlich schwierig werden, wird aber geprüft«, sagt Sabine Pakulat von den Grünen, die Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses ist. Da die GAG eine Aktiengesellschaft ist, könnte dies eine unlautere Beihilfe sein. ­Pakulat verweist zudem auf die begrenzten Mittel und die vielen Aufgaben der Stadt. Die Stadt Köln hat auf eine Anfrage der Stadtrevue nicht geantwortet. Baudezernent Markus Greitemann gab jedoch Ende Juli in der Kölnischen Rundschau eine neue Zielmarke für den Wohnungsbau aus: Statt 6000 neuer Wohnungen jährlich ­solle die Stadt nur noch von 3000 Wohnungen ausgehen. Für den Kölner Wohnungsmarkt sind das keine guten Nachrichten — für die Mieter:innen der GAG auch nicht.