Nach drei Jahren knallt’s

Gemeinschaftliches Gärtnern liegt im Trend, birgt aber erhebliche Risiken

Man wird heutzutage ja nicht mehr gegängelt im Schrebergarten, alles darf ein bisschen wuchern. Es kommt auch nicht gleich der Blockwart, wenn am Sonntag mal der Rasenmäher läuft. Doch es gibt Fälle, da wird noch der progressivste Vereinsvorstand seltsam unlocker, und damit meine ich nicht, wenn ein Gärtner den Chemie-Dünger rausholt. Ich meine die vielen Garten-WGs, die es in unserem Verein gibt. Viele Pächter holen sich, mal mehr, mal weniger heimlich, Freunde und Bekannte hinzu, die im Garten mithelfen oder sich in der Hängematte oder am Grill an ihm erfreuen dürfen. Das erscheint umso vernünftiger, als die Wartelisten der Kölner Kleingärten länger sind als die Schlange vor Poldis Dönerladen.

Doch diese Gemeinschaften gärtnern in einer rechtlichen Grauzone, und wo die Vereinsmenschen sonst ein Auge zudrücken, wenn’s um die Gartenordnung geht, unterziehen sie die WG-Bewohner schon mal einer peinlichen Befragung: Wer sie denn seien, ob ihr Name im Vertrag stehe und so weiter. Warum plötzlich so kleinkariert?

Hier muss man darauf verweisen, was alle Mediatoren kennen. In Baugruppen, Wohnprojekten oder Kollektiven aller Art knallt’s nach spätestens drei Jahren. Gartengemeinschaften sind davon nicht ausgenommen, im Gegenteil: Hier scheint die Scheidungsrate so hoch wie nirgends sonst.

Fünf, sechs Garten-WGs habe ich in den vergangenen Jahren kennengelernt. Anfangs traf man oft die ganze Bande im Garten an, die Kinder spielten zusammen, man renovierte mit vereinten Kräften die Gartenlaube, man grillte. Dann aber fielen immer öfter Sätze wie: »Herrje, der Garten sieht vielleicht aus! Die anderen waren wohl lange nicht da.« Oder: »Neulich waren sie mal wieder hier, da haben sie zwei Stängel Unkraut rausgerissen, den Rosé aufgemacht, und ab auf den Liegestuhl.« Inzwischen haben sich alle diese Gartengemeinschaften zerstritten, oder, nun ja, auseinandergelebt. »Es ist wie in der WG«, sagte mir eine Betroffene. »Wenn man zu unterschiedlich ist, lässt sich das irgendwann nicht mehr überdecken.« Besonders verhängnisvoll scheint mir zu sein, wenn die Mitgärtner mehr Einsatz zeigen als die eigentlichen Pächter. Die einen haben mit viel Mühe die Beete angelegt und den Kompost zum Laufen gebracht, im Pachtvertrag aber stehen die anderen. Was wiegt schwerer? Am Ende muss der Vereinsvorstand den Scheidungsanwalt spielen. Dass man darauf keine Lust hat — also, ich kann’s verstehen.

Anne Meyer ist Politikredakteurin der Stadtrevue. Mit dieser Ausgabe verabschiedet sich die Garten­kolumne »Kraut und Rüben« in die Winterpause