Sexting als »Teil der sexuellen Entdeckung und Selbstbestimmung«, aber fair!

Spielregeln beim »Sexting«

Schon sehr früh und häufig unfreiwillig kommen Kinder und Jugendliche in Kontakt mit pornografischen Inhalten, wie eine Umfrage der Medienanstalt NRW zeigt

Heuzutage kommen Kinder oft sehr früh und auch teilweise unfreiweillig mit Pornografie in Kontakt. Das hat eine repräsentative Umfrage gezeigt, die die Landesanstalt für Medien NRW Ende August veröffentlichte. Rund 3.000 Kinder und Jugendliche zwischen elf und 17 Jahren haben daran teilgenommen. Und nein, es ging dabei nicht um Pop-Up-Fensterchen, die plötzlich auftauchten, oder Werbeunterbrechungen im Handyspiel. Es ging um Fotos, Videos und Links, die sie aufs Smartphone geschickt bekamen, als ­private Nachricht oder im Gruppenchat, ohne danach zu suchen. Immerhin 28 Prozent der Befragten gab an, dass sie das eigentlich nicht sehen wollten.

In der Umfrage ging es aber auch ganz konkret um Sexting, also erotische Nachrichten. Die Landesanstalt für Medien NRW beschreibt sie als »Teil der sexuellen Entdeckung und Selbstbestimmung« vieler Jugendlicher, sofern sie beidseitig freiwillig und in einem sicheren und vertrauten Rahmen stattfinden. Mit anderen Worten: Es muss Spielregeln geben, über die die Medienanstalt NRW etwa auf der Internetseite safer-sexting.de aufklärt. »Möchte die andere Person diese Fotos von dir überhaupt haben? Schickt ihr euch tatsächlich nur Fotos, die euch selbst zeigen? Vertraust du der anderen Person?«, sind Fragen, die man sich am Anfang jedes Sexting stellen sollte, heißt es dort. Die Umfrage allerdings zeigt, dass dieses »Fair Play« häufig nicht eingehalten wird.

Ganze 29 Prozent aller Befragten gaben an, Sexting-Nachrichten von anderen schon einmal weitergeleitet zu haben, und fast zwei Drittel der Jungs, die schon mal gesextet haben, taten dies bereits ohne vorherige Zustimmung ihres Gegenübers — deutlich häufiger als Mädchen.

»Wie sollen Kinder und Jugendliche ein Verständnis für die gesetzlichen Grenzen von ›sexueller Kommunikation‹ im Netz, also Sexting, entwickeln können, wenn sie bereits mit 14 regelmäßig und ungewollt mit stärksten Formen der Pornografie konfrontiert werden?«, findet Tobias Schmid, Direktor der Landesanstalt für Medien NRW. Bereits im Juni 2020 hatte die Medienanstalt drei reichweitenstarke Pornoplattformen aufgefordert, unverzüglich wirksame Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen zu implementieren.

Diese reagierten mit einer Klage gegen die Landesanstalt, ohne Erfolg: Sie wurde erst vom Oberverwaltungsgericht Münster und dann zuletzt im April 2023 vom Verwaltungsgericht Düsseldorf abgewiesen. Beide Gerichte bestätigten außerdem, dass die Pornoplattformen den Maßnahmen der Kommission für Jugendmedienschutz nachkommen müssen, doch bislang ignorieren sie diesen richterlichen Beschluss.

Weitere Infos:

Aufklärungskampagne der Medienanstalt NRW zum Thema »Safer Sexting«: safer-sexting.de

Anlaufstelle für alle Fragen rund um digitale Medien von der Medienanstalt NRW: fragzebra.de