Eine Bankrotterklärung des Patriarchats

Reaktion auf die Proteste

»Visions of Iran« will mit einer Sonderausgabe das politische Momentum aufnehmen

Durch die Proteste im Iran stand auch das diesjährige »Visions of Iran« unter besonderen Vorzeichen. »Bei unserer Planung waren die Proteste im vollen Gange und wir standen vor der Frage, wie wir uns dazu positionieren«, sagt Festivalleiter Amin Farzanefar. »Auch in der iranischstämmigen Community bestand der Wunsch, dass wir darauf reagieren«. Man entschied, das Filmfestival in zwei Hälften zu teilen. »Davon versprachen wir uns, eventuell auftauchende neue Filme berücksichtigen zu können, die das politische und gesellschaftliche Momentum einfangen«, so Farzanefar.

Nach dem Festival im Juni folgt also eine Sonderausgabe der »Visions of Iran«, bei der am 30.9. und 1.10. im Filmforum NRW im Museum Ludwig vier weitere Filme zu sehen sind. Derjenige, der das Momentum wohl am deutlichsten einfängt, ist »Leila’s Brothers« von Saeed Roustaee: eine Bankrotterklärung des Patriarchats in Form eines Familiendramas, das im diesjährigen Wettbewerb von Cannes den Fipresci-Preis gewann. Es ist der einzige der vier Filme, der im postmodern-urbanen Teheran spielt – die übrigen drei erzählen Geschichten aus ländlichen Gebieten. »Endless Borders« von Abbas Amini etwa folgt einem Lehrer, der in die Region Belutschistan im Grenzgebiet zu Afghanistan strafversetzt wird, wo er sich für die von dort Geflüchteten engagiert. »Volksgruppen wie die Belutschen spielen auch bei den Protesten eine große Rolle, das kommt hier gar nicht so an«, sagt Farzanefar. »Leere Netze« von Behrooz Karamizade wiederum spielt an der Küste des Kaspischen Meeres im kriminellen Milieu der Kaviar-Wilderer. »The Siren« schließlich erzählt von der Belagerung der Erdöl-Stadt Abadan 1980 während des Irak-Iran-Kriegs. An dem Animationsfilm von Sepideh Farsi war auch das Kölner Trickfilmstudio Lutterbeck beteiligt.

Es werden keine Gäste direkt aus dem Iran anreisen. Zum einen ist es unsicher, ob die iranischen Behörden sie tatsächlich ausreisen lassen. »Zum anderen hat uns aber zuletzt auch die deutsche Botschaft in Teheran bei der Visa-Antragstellung ziemlich vor die Wand fahren lassen«, stellt Farzanefar fest. Da sich zurzeit ohnehin viele Filmschaffende im Ausland aufhalten, werden dennoch manche anwesend sein. Der Drehbuchautor von »The Siren«, Javad Djavahery, ist vor Ort, auch Behrooz Karamizade ist für ein Publikumsgespräch angefragt.

Sonderausgabe »Visions of Iran —­ Iranisches Filmfestival Köln«, iranian-filmfestival.com