Ein Hegel-Zitat als Blickfang? Famos!

Dialektik des Bauens

Hegel-Zitat am Neubau Hansagymnasium, Gereonswall

 »Der Widerspruch aber ist die Wurzel aller Bewegung und Lebendigkeit« steht in großen Lettern auf der weiten Klinkerwand am Schulhof. Das neogotische Schulgebäude am Hansaring ist eingerüstet — aber dieses Zitat ist zu lesen. Die lange vor Baustellenende schon enthüllte Sentenz des Philosophen Georg Friedrich Hegel liest sich wie ein Appell an alle Schüler*innen und Lehrer*innen des Traditionsgymnasiums, sich gegen die nicht enden wollenden Baumaßnahmen zu widersetzen.

Vor acht Jahren nämlich hatten die Hanseat*innen ihr Schulhaus wegen der notwendigen Sanierungsmaßnahmen verlassen müssen, um es für eine offene durchgrünte Lernlandschaft im Klingelpütz vorbereiten zu lassen. Kölns einzige UNESCO-Projektschule sollte nämlich mit sechs anderen pädagogischen Institutionen Teil des von dem Stifter Carl Friedrich Montag initiierten Pilotprojekts »Bildungslandschaft Altstadt-Nord« (BAN) werden, um sich auf eine bundesweit ungewöhnliche Bildungssynergie einzulassen — gemeinsam mit der Freinet-Schule, der Realschule am Rhein, dem Abendgymnasium, dem Jugendzentrum TOWER, nicht zuletzt mit der Kita ­FrevelBANde.

Im Herzen Kölns werden irgendwann alle BAN-Schüler*innen Mensa, Studienhaus und Sportanlagen gemeinsam nutzen. Der mittelalterlich anmutende Neubauten-Cluster samt Gässchen und Piazzi ist schon seit geraumer Zeit in Betrieb und wurde vor zwei Jahren bereits mit dem Kölner Architekturpreis ausgezeichnet.

Ausgedacht hatte sich die aufmüpfige Fassadenbeschriftung für den neuen Anbau ihres alten Hansagymnasiums Philosophie- und Deutschlehrer Johannes Balle gemeinsam mit Schüler*innen. Gerade in unseren politisch heiklen Zeiten, da etwa die halbe Republik über die an sich normalen Auseinandersetzungen in der Berliner Politik klagt, erscheint Balle Hegels Ausspruch hochnotwendig, denn, wie er betont: »Dialektik ist nicht künstlich, sondern natürlich.« Schließlich gehört Widerständigkeit zur DNA des Hansa-Gymnasiums, zumal es eines der ersten Gymnasien Kölns war, das sich konsequent der migratorischen Gesellschaft der Stadt ­öffnete und mit spektakulären Plakatwänden am Ring sowie mit Protestaktionen auf der Domplatte politisch sichtbar machte.