Schaut über die Buchseite hinaus: Monika Rinck

Dichterin der offenen Türen

Die Lyrikreihe »Anderland« widmet sich Monika Rinck

»Die geöffneten Türen, der Wind zieht hindurch. / Lass sie offen, du sperrtest dich sonst mit Dämonen ein. / Diese sollten kommen und gehen. Binde sie nicht.« So beginnt Monika Rincks Gedicht ­»Offen lassen«, dann folgen viele Leerzeilen, und auf der letzten Seite ihres neuesten Gedicht­bands »Alle Türen« schließlich viel Weiß, in der Mitte der Seite nur noch der Schlussvers: »Dann die Angst, gar nichts mehr festhalten zu können.«

»Poetologie des Metatextes« und »Funny not funny« heißen  die Seminare, die Monika Rinck in diesem Semester an der Kunsthochschule für Medien (KHM) unterrichtet. Schon die Titel erzählen, wie sich in ihrem Werk das Komische, Anekdotische und das Mündliche mit dem Denken und der poetologischen Selbstreflexion in den unterschiedlichsten Genres und Gattungen verschränken. Rinck veröffentlicht Gedichte, Essays, Reden und Prosa, schreibt Hörbücher und Liedtexte, außerdem ist sie Übersetzerin und Performerin. In der »Rotten Kinck Schow« trat sie lange mit Ann Cotten und Sabine Scho auf, kollaborierte aber auch mit anderen Künstler*innen. Zahlreiche Preise, darunter den Peter-Huchel-Preis, hat sie erhalten.

In der von der Buchhandlung Bittner veranstalteten Lyrikreihe »Anderland« spricht Rinck nun an zwei Abenden über ihr Werk und das von Lyrikerinnen, die ihr nahe stehen. Am ersten Abend stehen die Gedichte der österreichischen Dichterin Christine Lavant im Zentrum, die seit vielen Jahren eine Anziehungskraft auf sie ausüben. In ihrem 2015 erschienen Essay »Das allgewusste Leid — die altbekannte Freud« bedauert Rinck, »dass man sich weithin auf eine Lesart der Lavant geeinigt hat, die das Leid, nicht aber die Freude, durchaus auch die Freude am Grotesken und Fatalen, und Lavants enorme Stärke des Machens, Umwandelns und Über­setzens von Affekten in poetische Formen in den Blick nimmt.«

Wie die 1973 verstorbene Chris­tine ­Lavant, deren Leben durch Krankheit und Armut geprägt war, dies umgesetzt hat, diskutiert Rinck an diesem Abend mit Jenny Erpenbeck, die gerade ein Buch über Lavants Leben und Werk veröffentlicht hat.

Am zweiten Abend von »Anderland« liest Monika Rinck dann unver­öffent­lichte, eigene Gedichte. Auch dafür hat sie sich eine Geistes­verwandte gesucht: Uljana Wolf, deren Essays und Gedichte mindestens eben so viel Freude am Spielen mit Form und Inhalt jenseits der Buchseite aufweisen wie Rincks eigene Texte.

stadtrevue präsentiert:

Anderland

Mo 6.11., 19 Uhr
Di 7.11., 19.30 Uhr
Zentralbibliothek am Neumarkt