Tunnelblick: Engstelle für Fußgänger und Radfahrer auf der Rodenkirchener Brücke

Brücken für die Wende

Die Rodenkirchener Brücke war für den Radverkehr gesperrt — ein Sinnbild für den Umgang mit Radfahrern

Wer Ende September die Roden­kirchener Brücke mit dem Fahrrad überqueren wollte, stand vor einer Barke. Kölns südlichste Rheinquerung war gesperrt. Man musste sein Fahrrad schieben oder eine Umleitung über die Severinsbrücke nehmen. Grund waren Arbeiten der Autobahn GmbH zum Korrosionsschutz, die bis Ende 2024 dauern sollen. Der Aufschrei war groß. »So kann man mit dem Radverkehr auf einer alternativ­losen Verbindung nicht umgehen«, sagt Christoph Schmidt vom ADFC. Für Menschen, die etwa von Roden­kirchen nach Poll müssten, bedeute das rund 40 Minuten Umweg pro Strecke.

Die Stadtverwaltung, die die Sperrung genehmigt hatte, ruderte zurück. Nur Tage später war die Brücke wieder frei. Radfahrer müs­sen nur noch an Engstellen, an denen sich Baugerüste befinden, schieben. Eine Verbesserung, findet Schmidt, doch der Weg sei eng. »Die Begegnung von Fahrrad und Fußgänger ist kaum zu lösen«, so Schmidt. Der ADFC fordert Ausweich-Buchten in den teilweise mehr als 200 Meter langen Tunneln. Schmidt hätte sich ein grundlegend anderes Vorgehen gewünscht: »Die Autobahn GmbH hat nicht nach kreativen Lösungen gesucht.« Er nennt die Nutzung des Standstreifens oder das temporäre Entfernen der Schallschutzwände.

Reinhold Goss teilt die Kritik. Die Geschehnisse um die Roden­kirchener Brücke sind für den ehren­amtlichen Fahrradbürgermeister »Sinnbild für den Umgang mit dem Radverkehr auf den Rheinbrücken«. Das Problem fange da an, wo man unter der Prämisse handelt, dem Autoverkehr alles unterzuordnen. »Wenn man Verkehrswende ernst meint, kann man nicht bei den Brücken auf­hören. Das sind Knotenpunkte.« Doch gerade auf Brücken fühlten sich Rad­fahrer und Fußgänger in der Regel nicht wohl, sagt Goss. Er nennt sie »Angsträume im Verkehr«.

Die Mängelliste der Radverkehrs-Initiativen zu den Rheinbrücken ist lang. Sie reicht von unpraktisch bis gefährlich. An der Severinsbrücke etwa sind es komplizierte Auffahrten und welliger Asphalt, der oft zu Unfällen führt. Auf der Hohenzollernbrücke gibt es linksrheinisch nur an der Südseite eine Rampe, dort aber machen die vielen Fußgänger ein Durchkommen mit dem Rad kaum möglich. Auf der Nordseite soll eine Fahrradrampe vom Breslauer Platz entstehen. Das Projekt kommt allerdings seit Jahren nicht voran, was auch am Vorhaben der Deutschen Bahn liegt, zwei neue S-Bahn-Gleise zu bauen. Auf der Zoobrücke trennt nur eine niedrige Schwelle, ein sogenanntes Schrammbord, Radweg und Auto­spur. Bei einem Unfall Mitte Oktober schoss ein Auto auf Geh- und Radweg. Dass es keinen Menschen tötete, war Zufall.

»Brücken sind der Schlüssel zur Steigerung des Radverkehrs in Köln. Die Querung des Rheins ist da das größte Problem«, sagt Chris­toph Schmidt vom ADFC. Über den Rhein sollen zwei neue Fahrradbrücken entstehen: am Theodor-Heuss-Ring auf Höhe der Bastei und vom Ubierring zum Deutzer Hafen. Schmidt ist von den bisherigen Plänen teilweise enttäuscht. Die Bastei-Brücke etwa ende im Rheinpark. »Wer möchte von der Innenstadt nur dorthin?« Radfahrer wollten nach Mülheim oder Kalk, stünden dann aber vor dem Messegelände. Er denkt an eine verlängerte Brücke, über die Messe und besser noch den Rangierbahnhof hinweg. »Dann fährt man in Buchheim auf eine autofreie Infrastruktur und kommt in der Innenstadt raus.« Gerade neue Rampen und Rheinbrücken hätten Folgewirkungen: »Dann werden andere Stadtteile vom Radverkehr adressiert.« Zunächst aber fallen weitere Brücken aus: Mitte Oktober beschädigte ein Schiff die Brücke im Niehler Hafen. Ob sie saniert werden kann, ist unklar.