Kaiserliche Grüße: Ludwig II. auf einer Postkarte (1897), Bild: Wikimedia Commons

Der König ist tot, es lebe der König!

Vor 25 Jahren protestierten Guglmänner gegen ein Theater­stück über Ludwig II.

Eine bewohnbare Theaterkulisse sollte das Schloss Neuschwanstein sein, ein »Freundschaftstempel«, dem Werk Richard Wagners gewid­met. Der glühend verehrte Kompo­nist jedoch betrat es niemals und auch Ludwig II., König von Bayern und Bauherr, lebte darin gerade einmal 172 Tage — dann starb er unter mysteriösen Umständen.

In seinen letzten Lebensjahren, so heißt es, habe der »Mondkönig« sich immer mehr aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, seinen inneren Kompass in die entgegen gesetzte Richtung zur Welt neu justiert: Die Nacht wurde ihm zum Tag. In tiefschwarzer Dunkelheit unternahm er Schlittenfahrten, um dem grässlich-einsamen Durchwachen jener stillen Stunden zu entkommen, die eigentlich den Träumen vorbehalten sind. Und schließlich die Elektrifizierung, überall in seinem Herrschaftssitz, um die Papiere noch sehen zu können, auf denen er, umnachtet und menschenscheu, immer fantastischere Grundrisse seines »Märchenschlosses« skizzierte.

An den Münchner Kammerspielen widmete, rund 100 Jahre nach dem Skandaltod des Königs, der Kabarettist Georg Ringsgwandl ihm eine Hommage: »Ludwig II. — Die volle Wahrheit«, eine vom Publikum bejubelte Punk-Oper mit spritzigen Tanzeinlagen, Live-Musi­ker*innen hinter dem Lamet­ta-­Vorhang und Showtreppe aka Rutschbahn aus grünem Plastik. Das sei ja gerade noch einmal gut gegangen, zwinkerte Kritikerin Christine Dössel ihren Leser*innen in der Süddeutschen Zeitung zu: »Keine Ausschreitungen, keine Randale, nicht mal eine Zensur.«

Denn zur Uraufführung des Stückes hatten sich vor dem Eingang des Theaters einige Gugl­män­ner versammelt, um gegen die »Besudelung« des Andenkens und Vermächtnisses des Königs zu protestieren. Die Guglmänner mit schwarzen Kutten und tief ins Gesicht gezogenen Kapuzen gibt es noch heute: In einem 2023 entstan­denen Film präsentiert der vermut­lich weltweit einzige Geheimbund mit offizieller Internetseite und Spendenkonto neue »wissenschaft­liche Interpretationen« der Tatortspuren am Ufer des Starnberger Sees, an dem 1886 der König tot aufgefunden wurde: Niemals war das ein Suizid, die Monarchiefeinde haben dem König das Haupt gekostet! Licht ist ins Dunkle hier wohl nicht mehr zu bringen. Als halbwegs gesichert gilt jedoch: Der ­Eskapismus von Ludwig II. war auch ein verzweifelter Versuch ­einer Welt zu entkommen, die nur eine Liebe zuließ: die heterosexuelle.