Bereits beschmiert: David Semper, Wartende Säule

Fabers Stift wartet

David Semper, Wartende Säule, Naumannsiedlung

Inmitten des beschaulichen Stadtteils Riehl findet sich die geschichts­trächtige Naumannsiedlung. Zen­tral zwischen den aus den 1920er Jahren entstandenen weißen Häusern mit ihren rotbraun akzentuierten, expressionistischen Dekorelementen trifft man auf ­einen idyllischen Platz, der auch nach der umfassenden Restaura­tion der Siedlung noch einige Verschönerungsmaßnahmen vor sich hat. Die Bezirksregierung Nippes hat diesen zentralen Platz für ein neues Denkmal ausgewählt, das Mahnung und Ehrung zugleich sein soll. Es ist eine unscheinbare und leider auch schon mit Graffiti-Tags beschmierte Skulptur, »Wartende Säule«, die am 25. August 2023 eingeweiht wurde. Gewidmet ist sie dem jüdischen Architekten Manfred Faber (*1879), der den Ort mit seinen architektonisch gelungenen Wohnhäusern entwarf. Das Denkmal selbst ist unaufgeregt und schlicht und trägt eine Ruhe in sich.

1914 kam Faber über den Umweg Düsseldorf von Karlsruhe nach Köln, wurde in den 20er Jahren ein wichtiger Vertreter des Neuen Bauens und sprach sich für die Ästhetisierung des Wohnens aus. Die Wohnungsbaugesellschaft GAG, die in Köln auch heute für tausende Wohnungen verantwort­lich ist, gab viele Gestaltungsaufträge an ihn, so auch in Riehl. Faber wurde 1944 von den Nationalsozia­listen nach Auschwitz deportiert und dort umgebracht. Die Gestaltung des Denkmals wurde in einem Wettbewerb ausgeschrieben, den der Bildhauer David Semper gewann: Eine hexagonale Säule aus Belgisch Granit, die auf einem Basalt-Block abgelegt und gestützt wird, verweist auf Fabers Hintergrund als Architekt: Die Säule ist bei näherer Betrachtung ein Stift, der, so David Semper, wie kurz beiseite gelegt wurde und gleich wieder für kreative Ideen einsatzbereit ist. Auf einer Platte, gleich neben dem Stift-Block-Paar, sieht man den Aufriss der Naumannsied­lung und einen Schnitt: Er weist nach Auschwitz. Die Skulptur, beschienen durch Baumkronen fallen­des Sonnenlicht, strahlt etwas Ehr­würdiges aus; dem Denkmal selbst geht jede Monumentalität ab.

Erst mit Kenntnissen über den Kontext entfaltet es seine Wirkung und würdigt einen Mann, der Köln in den vermeintlich goldenen und ausschweifenden 1920ern gear­bei­tet hat. Ein leises Denkmal, das an Manfred Faber erinnert und in einer Zeit, in der der Schrecken der Shoah zunehmend in Vergessenheit gerät, mahnt es vor dem, was war.