Fürs Rad entschieden: Natalie Horn, Lukas Giesbert, Nina Bönninghaus

»Wir fordern nichts Utopisches«

Mit einem Bürgerbegehren will der »Fahrrad-Entscheid Köln« den Radverkehr verbessern. Natalie Horn erklärt, warum ihrer Initiative die bisherigen Bemühungen nicht ausreichen

Frau Horn, in Köln sind zuletzt viele neue Radwege entstanden. Auf den Ringen hat das Fahrrad eine Spur bekommen, die Dom-Umgebung ist fahrradfreundlicher geworden. Braucht Köln überhaupt ein Bürgerbegehren für besseres Radfahren?

Das ist der Punkt: Es passiert viel, aber vor allem in der Innenstadt. Es gibt allerdings noch acht andere Stadtbezirke und die sind entscheidend, um das weitere Potenzial des Radverkehrs zu nutzen. Es wären sehr viel mehr Menschen bereit, auch für längere Strecken aufs Fahrrad umzusteigen — nur fehlt dafür die Infrastruktur.

Köln hat ein Konzept für den künf­ti­gen Ausbau der Rad-Infrastruktur.

Das sogenannte Radverkehrs­haupt­netz, auf das wir uns auch beziehen, ist nur ein Zielkonzept. Das bedeutet, die Maßnahmen müssen berücksichtigt werden, wenn auf Straßen z.B. Sanierungsarbeiten anstehen. Uns fehlt ein klares Bekenntnis, bis wann der Ausbau passieren soll. Sonst werden wir das Ziel auch in 20 Jahren nicht erreicht haben.

Für welche Forderungen werden Kölnerinnen und Kölner bei Ihnen unterschreiben können?

Auf den Straßen des sogenannten gelben Netzes im Radverkehrsnetz, also den Hauptverkehrsachsen, fordern wir jährlich 40 Kilometer neue Fahrradwege — 2,5 Meter breit und möglichst baulich getrennt, zum Beispiel durch Poller. Im grünen Netz sollen jedes Jahr 30 Kilometer neue Fahrradstraßen entstehen, das betrifft vor allem Nebenstraßen, aber auch Wege in Parks. Zu­dem soll die Stadt jährlich einen Bericht über die Umsetzung der Maßnahmen vorlegen. Was wurde erreicht, was nicht — und warum?

Damit sich Menschen für eine Alternative zum Auto entscheiden, müssen die Rahmen­bedingungen stimmen
Natalie Horn

Was ist Ihr Ziel? Mehr Verkehrssicherheit, weniger Emissionen?

Es wird viel von der Verkehrswende geredet und davon, dass der Verkehr weniger Emissionen verursachen soll. Damit sich Menschen aber für eine Alternative zum Auto entscheiden, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Das Fahrrad muss sich immer die Fahrbahn teilen — mit Autos oder Fußgänger:innen. Ich erlebe im Alltag oft, dass Autofahrende oder Fußgänger:innen sich von Fahrradfahrenden gestört fühlen. Wenn Fahrradfahrende ihren eigenen Platz haben, schaffen wir auch ein besseres Miteinander.

Oft fehlt es nicht an politischen Beschlüssen, sondern an ihrer Umsetzung.

Die Jahresberichte der Verwaltung sollen Transparenz schaffen und Grundlage dafür sein, später die Umsetzung unserer Forderungen zu begleiten. Dabei geht es nicht nur darum, zu zei­­gen, was nicht geklappt hat, sondern auch, wo sich was getan hat.

In Köln gibt es eine starke Fahrrad-Lobby. Ist das Vor- oder Nachteil für das Bürgerbegehren?

Beides! (lacht) Die Fahrrad-Bubble findet das Projekt gut und wird es unterstützen. Das hilft natürlich. Gleichzeitig gibt es Menschen, die sehen die neuen Radwege in der Stadt und sagen: Warum brauchen wir da noch einen Radentscheid? Da liegt es an uns, sie aufzuklären.

Warum haben Sie sich für das Ins­trument des Bürgerbegehrens entschieden?

Weil es ein gutes Mittel ist, um in der gesamten Stadt etwas zu bewegen. Die Fahrrad-Lobby in Köln ist groß und wichtig. Aber sie arbeitet oft an spezifischen Proble­men. Außerdem erhoffen wir uns, dass wir den Konflikt zwischen Auto und Fahrrad entschärfen können, wenn wir auch mit Leuten ins Gespräch kommen, die von unseren Forderungen nicht überzeugt sind. Aber uns ist natürlich auch klar: Einige Menschen, die das Gefühl haben, wir wollen ihnen ihr Recht aufs Autofahren nehmen, werden wir nicht umstimmen.

In Köln sammelte zuletzt »Klimawen­de« Unterschriften für ein Bürgerbegehren. Schon 2016 starte­te die Volksinitiative »Aufbruch Fahrrad«, die ein Radnetz für NRW forderte. Obwohl jeweils genug Unterschriften zusammenkamen, gab es Kritik, weil beide ihre Forderungen nicht umsetzen konnten.

Deshalb war uns wichtig, nichts Utopisches zu fordern. Uns ist bewusst, dass die Forderungen vieler Bürgerbegehren nicht eins zu eins umgesetzt werden. Aber es tut sich immer was! Bürgerbegehren setzen einen Im­puls und machen ein Thema präsenter in der gesamten Stadt. Wir hoffen, dass sich nicht nur Menschen mit dem Thema auseinandersetzen, die ohnehin Fahrrad fahren und sich jeden Tag über schlechte Fahrradwege in Köln ärgern, sondern dass auch Menschen, die Auto fahren oder zu Fuß gehen, verstehen, dass es Vorteile für alle hat, wenn mehr Menschen in der Stadt Fahrrad fahren.

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