Das Team vom Sommerblut Festival 2022 im Carlsgarten

»Wir gehen über ­Grenzen«

Das Sommerblut-Festival kämpft mit enormen ­finanziellen Kürzungen

»Es kommt gerade alles zusammen«, sagt Rolf Emmerich im ­Gespräch am Telefon. Erst vor ein paar Tagen hatte er eine ­Nachricht weitergeleitet, Betreff: »Wir kämpfen für die Zukunft des Sommerblut Festivals«, gesendet an NRW-Kulturministerin Ina Brandes (CDU) und den Kölner Kulturdezernent Stefan Charles. Darin bittet er als Leiter des inklusiven Theater- und Performancefestivals, die Poltik um Unterstützung, und listet die anstehenden Kürzungen auf: 23.000 Euro von ­Seiten des Landes NRW und die Absage der REWE-Sponsoring­verträge, weil sich »das Unternehmen im kommenden Jahr neu aufstellen will«, so die Formulierung in dem Anschreiben.

»Grenzen« ist das Thema der kommenden Sommerblut-Ausgabe, und über Grenzen, sagt Rolf Emmerich, würden er und sein Team in ihrer Kulturarbeit auch gehen — nun noch mehr, wenn es unwiderruflich zu den Kürzungen kommen sollte. »Wir müssen das Projektmanagement auf eine halbe Stelle kürzen und können statt zehn nur noch fünf Projekte finanzieren«, erzählt Rolf Emmerich. »Und wir können nicht mehr alle Mitarbeiter*innen gleich bezahlen: Wir müssen unterscheiden zwischen dem Honorar einer Bühnenbildnerin, einer Grafikerin, einer Schauspielerin. Das wollen wir vermeiden.«

Auch für das EU-Projekt »All Hands on Stage«, das zwischen 2023 und 2025 in sechs Gefängnissen in Polen, Serbien, Griechenland und Deutschland läuft, gibt es bislang keine Unterstützung von Stadt und Land. Von ­allen Ministerien, dem Justizministerium, Europaministerium und Kulturministerium kam eine Absage. Im Juni 2021 ist Rolf Emmerich zusammen mit weiteren Kulturschaffenden daher mit einem offiziellen Schreiben an die Stadt Köln herangetreten, denn: Selbst wenn diese ein von der ­EU-gefördertes Projekt unterstützen will, gibt es im städtischen Haushalt keinen Topf, aus dem sie schöpfen könnte. Das müsse sich ändern.

Nicht zuletzt weil durch die Energiekrise und die Inflation die Ausgaben von Kulturveranstaltungen wie dem Sommerblut ­Festival immens gestiegen sind: Nicht nur die Nebenkosten für ­eigene Büroräume, auch die Miete für Veranstaltungsorte ist teurer geworden. Dass der Kulturetat 2024 um 7,5 Millionen Euro sinken soll, nachdem erst vor rund einem Jahr im Koalitionsvertrag eine fünfzigprozentige Erhöhung bis 2027 festgelegt wurde, wirkt wie ein Schlag in die Magengrube und könnte die Kulturbranche noch schwer lähmen.