»Große Trennwirkung«: Autoverkehr auf der Ost-West-Achse am Neumarkt

Metropole unter der Erde

Die CDU will mit einem Verkehrsversuch zeigen, dass der U-Bahn-Tunnel auf der Ost-West-Achse kommen muss. Die Grünen finden das albern

Unangenehme Entscheidungen ­vertagt man ja gern — auch in der Politik. Etwa wenn es in einem Bündnis ohnehin knirscht wie in Köln bei Grünen und CDU. Schon als man das Bündnis schmiedete, klammerte man eine wichtige Entscheidung aus: Sollen die nötige Kapazitätserweiterung der Stadtbahnlinien auf der Ost-West-Achse in der Innenstadt mit einem U-Bahn-Tunnel erweitert werden oder nur oberirdisch? Die CDU sieht die »Tunnellösung« als verkehrsplanerischen Befreiungsschlag — die Grünen halten die Kosten für zu hoch und die Bauzeit für viel zu lang, wodurch es zunächst mehr Belastungen gebe; sie wollen »oben bleiben«.    

Die CDU wiederum hält das für zu kurz gedacht und will nun nachweisen, dass die neuen 90-­Meter-­ Stadtbahnen, die es zur Kapazitätssteigerung statt der 60 Meter langen Bahnen geben soll, oberirdisch für Probleme ­sorgen würden — quasi ein ­Verkehrsversuch der CDU, der scheitern soll.

»Wir wissen ja nicht, welchen Effekt es hat, wenn 90- Meter-Bahnen in dichtem Takt durch die ­Innenstadt fahren. Dafür gibt es keine Vorbilder«, so Teresa de Bellis (CDU). Besonders für Radfahrer und Fußgänger, die etwa die ­Cäcilienstraße querenwollen, ­könne der Betrieb hinderlich sein. Ein Testlauf für wenige Stunden reiche aus, um Erkenntnisse zu ­gewinnen. Wer für die oberirdische Variante sei, »erkennt dann vielleicht, dass dies doch keine gute Idee ist«, so de Bellis.

»Der Versuch wäre doch gar nicht repräsentativ, weil ja oberirdisch gar nichts umgestaltet ist. Die Infrastruktur von heute ist ja nicht vergleichbar mit der, die kommen soll — unter anderem mit weniger Autoverkehr, der eine große Trennwirkung hat«, so Lars Wahlen von den Grünen. »Ich ­denke auch, die KVB hat anderes zu tun, als leere Bahnen durch die Innenstadt fahren zu lassen.«

Wie der Testlauf aussehen soll, entwickelt die KVB gerade. Lukas Lorenz (SPD), der auch schon Straßenbahnfahrer war, hält den Test für sinnvoll, »wenn die Kosten und der Aufwand vertretbar sind.« Entsprechende Informationen der KVB sind für den Januar angekündigt.  Andere meinen, die SPD taktiere in dieser Frage und schaue ­genüsslich zu, wie Grüne und CDU sich darüber weiter entzweien. ­Lorenz beschreibt die Position seiner Partei dagegen so: »Die Frage, ob oben oder unten, greift zu kurz, wichtig ist eine Kapazitätserweiterung — auch für die Linien 7 und 9.« Am Ende werde man mit der Fraktion stimmen, »die am ehesten auf unsere Forderungen einsteigt«.

In der Stadtverwaltung wird unterdessen an einer Beschlussvorlage für den Rat gefeilt. Im Juni soll dann der Rat entscheiden: Tunnel oder nicht? Ein Tunnel würde, ohne Baunebenkosten, mindestens 940 Mio. Euro kosten. Eine oberirdische Umgestaltung wird, ebenfalls ohne Nebenkosten, mit höchstens 160 Mio. Euro ­veranschlagt. Ob die Stadt Köln Fördermittel erhält, hängt vom Nutzen-Kosten-Index ab — der volkswirtschaftliche Nutzen muss höher sein als die Kosten.  

Dass sich die Einstellungen von Grünen und CDU dadurch ­ändern, ist nicht anzunehmen. Und auch die Oberbürgermeisterin hat sich festgelegt. Es gehe um zweierlei bei der Ost-West-Achse, so Henriette Reker: »Einerseits verfolgen wir eine städtebauliche Neuordnung und Umgestaltung vieler zentraler Plätze in Köln, ­andererseits soll die Überlastung der Stadtbahn auf der Ost-West-Achse gelöst werden.« Ganz gleich wie der Rat der Stadt letztlich ­entscheide — ob ein neuer Tunnel gebaut wird oder nicht — »so oder so wird die Stadt davon profitieren«, so Reker und fügt an: »Persönlich favorisiere ich die Tunnel-Variante, da sie uns die Möglichkeit gibt, die Aufenthaltsqualität im Herzen der Stadt enorm zu ­verbessern und den ÖPNV — einer Metropole angemessen — unter die Erde zu verlagern.«