»Wertig für die Stadtgesellschaft«: Straßenbaum in Köln

Mein Feind, der Baum

Immer wieder zerstören Menschen in Köln mutwillig Bäume. Warum?

Eine Birke in Stammheim, Magnolien im Mülheimer Stadtgarten, ein Schnurbaum in Rodenkirchen oder eine Linde in Bocklemünd. Auch in diesem Jahr kam es in Köln wieder zu sogenanntem Baumfrevel. Das absichtliche, unerlaubte Beschädigen oder Fällen von Bäumen ist nichts anderes als Sachbeschädigung, meist von öffentlichem Eigentum.

Alle gemeldeten Fälle von Baumfrevel in Köln landen auf dem Schreibtisch von Gerhard Stricker, und das schon seit Jahren. Dennoch ärgert sich Stricker noch immer über jeden mutwillig beschädigten Baum. »Es scheint vielen Menschen das Verständnis zu fehlen, dass es kein Kavaliersdelikt ist, einen Baum zu beschädigen«, sagt der Sachgebietsleiter Stadtgrün im Grünflächenamt der Stadt Köln. Es handele sich um Verstöße gegen den Landschaftsschutz und die Baumschutzsatzung der Stadt. »Manchmal mag dahinter kein böser Wille stecken, aber es fehlt offenbar das Bewusstsein, dass man das mit fremdem Eigentum nicht macht.«

Was Stricker und Kollegen ­vorfinden, wenn sie auf beschädigte Bäume aufmerksam gemacht werden, ist unterschiedlich. Manchmal sind Bäumen laienhaft einzelne Äste entfernt oder die Baumrinde ist beschädigt worden, manchmal wurde gleich der ganze Baum professionell gefällt. Die Folge ist in der Regel dieselbe. »Baumfrevel beginnt nicht dort, wo man mit der Axt am Stamm ansetzt und den Baum fällt. Wenn man einen Ast abschneidet, macht man einen Baum anfällig für Krankheitserreger«, erklärt Stricker. Zwar versucht das Grünflächenamt, beschädigte Bäume zu retten, etwa mit Wundverbänden. »Aber viele Schäden sind irreparabel, auch wenn das einem Laien auf den ersten Blick nicht ersichtlich ist.« Nachdem das Grünflächenamt den beschädigten Baum begutachtet hat, können die Experten sagen, wie hoch die Lebenserwartung noch ist. Meist seien es wirtschaftliche und gestalterische Totalschäden.

Manchmal wollen ­Menschen offenbar Sichtachsen freilegen, etwa auf Rhein oder Dom

Baumfrevel ist kein neues Phänomen. Allenfalls haben sich die Gründe geändert, aus denen Menschen in Städten Bäume beschädigen. Wenngleich Gerhard Stricker vom Kölner Grünflächenamt zugeben muss: »Wir wissen nicht, warum Personen Bäume ­beschädigen — über die Motive kann man nur mutmaßen.« Rückschlüsse lassen höchstens Kontext und Umgebung mancher Taten zu. Viele Taten passieren an Grundstücksgrenzen oder an angrenzenden Nutzungen, manchmal wollen Menschen offenbar Sicht­achsen freilegen, etwa auf Rhein oder Dom. »Aber es gibt auch eine Gewalt an Bäumen, die in Richtung Vandalismus geht«, sagt Stricker. Menschen lassen ihre Zerstörungswut an Bäumen aus. »Die Taten sind sehr unterschiedlich«, sagt Stricker. Für die Stadt Köln ist das ein gutes Zeichen, denn es handelt sich um vereinzelte Taten. Verlässliche Zahlen über alle Fälle von Baumfrevel liegen dem Grünflächenamt zwar nicht vor, weil man darauf angewiesen ist, dass Bürgerinnen und Bürger die Schäden über­haupt melden. Eine Tendenz, dass mehr Bäume beschädigt werden, lässt sich für Köln aber nicht erkennen. Im diesem Jahr hat man in der Stadtverwaltung bis Ende November 19 Fälle von Baumfrevel gezählt.

Dass man wenig über die Motive der Taten weiß, liegt vor allem daran, dass die Täter in der Regel unbekannt bleiben. »Die Schwierigkeit bei der Straf­verfolgung ist, dass man jemanden in flagranti erwischen muss, um eine zielgerichtete Anzeige erstatten zu können«, sagt Stricker. Zwar erstellt die Stadt Köln bei jedem Fall von Baumfrevel, der ihr bekannt ist, eine Anzeige, auch um die Straftaten nicht zu bagatellisieren. In der Regel aber kann kein Verursacher ausgemacht werden. Dabei ist der Schaden mitunter immens. »Bäume sind wertig für die Stadtgesellschaft«, sagt Stricker — und das nicht bloß im Kampf gegen den Klimawandel. Gerade große Bäume hätten einen finanziellen Wert. Schon die Nachpflanzung sei teuer, zudem dauere es sehr lange, bis man einen Baum wieder in demselben Stadium habe. »Das geht teilweise in Schadenshöhen von 20.000, 25.000 Euro«, sagt Stricker. Im Durchschnitt sind es 3.500 bis 4.000 Euro.