Betriebsfrieden beendet: DuMont-Gebäude in Niehl

Abserviert und ­abgemahnt

Nach der Schließung seiner Kölner Druckerei reißt die Kritik am DuMont-Verlag nicht ab. Die Verlagsspitze reagiert mit juristischen Schritten und Floskeln

»ES. ESKALIERT. EH« steht auf Harald Hartungs Hoodie. Der Betriebsrat von DuMont Druck trägt ihn, als er Anfang Dezember eine Videobotschaft über Facebook verbreitet. Ein Thema des Videos: juristische Schritte DuMonts gegen Hartung wegen Äußerungen gegenüber dem WDR. »Wenn ihr meint, ihr müsst das machen«, zeige das, »dass ihr, Entschuldigung, wenig Anstand habt«, sagt er. Zu ­Beginn dieser Passage macht er eine Handbewegung, die man außerhalb des Internets als Aufforderung zu einer Rauferei auffassen würde. Warum nicht, es eskaliert ja eh.

Von zwischenzeitlichen Erregungspausen abgesehen, eskaliert die Lage rund um DuMont seit dem 4. Oktober, als die Mitarbeiter der hauseigenen Druckerei ihren ­Arbeitsplatz leer geräumt vorfanden und ihnen Führungskräfte des Hauses mitteilten, dass es für sie fortan nichts mehr zu tun gebe. Handlanger hatten am Feiertag alles, was nicht niet- und nagelfest war, nach Koblenz expediert, wo Kölner Stadt-Anzeiger, Express und Kölnische Rundschau seitdem gedruckt werden.

Harald Hartung sagte kurz danach auf einer von ­mehreren Protestveranstaltungen, seine Kollegen und er seien »asozial vor die Tür gesetzt« worden. Den Begriff »unsozial« verwende er bewusst nicht. Proteste gab es kölnweit, im Stadtrat etwa formierte sich eine sehr große Koalition. In einer Aktuellen Stunde sprach Christiane Martin (Grüne) von »tiefstem Manchesterkapitalismus« und Bernd Petelkau (CDU) von einem »menschenfeindlichen Managementsystem«.

Kurzzeitig nach ein bisschen Frieden sah es dann am letzten November-Wochenende aus. In seinen eigenen Zeitungen verkündete DuMont die Aufstellung eines ­»Sozialplans«. Man freue sich, »im Sinne aller betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemeinsam mit den Betriebsräten schnell eine Einigung« erzielt zu haben. Auffällig an dem Beitrag war allerdings, dass, anders als bei derartigen öffentlichen Verkündungen üblich, die Stimmen von Arbeitnehmervertreter:innen fehlten.

Die Gründe dafür wurden einige Tage darauf in einem WDR-Beitrag deutlich. »Wir sind noch einen ganzen Schritt davon entfernt, von einer Einigung auf einen ­Sozialplan reden zu können«, sagte Betriebsrat Hartung in ­einem Interview mit »Lokalzeit Köln«. »Was in der ­Zeitung stand, entspricht definitiv nicht der Wahrheit.«

Bei ­Facebook sprach Hartung später von einem »Teil-­Sozialplan, um die Abfindungssummen dingfest zu machen«. Danach äußerte sich Hartung zur Sache öffentlich erst einmal nicht mehr, auch eine Interviewanfrage der ­Stadtrevue lehnte er ab.

Der »Lokalzeit«-Beitrag war nicht nur Auslöser für das erwähnte Vorgehen gegen Hartung. DuMont nahm in dem Zusammenhang auch gleich noch den WDR ins Visier. Der referierte dann in einem Online-Beitrag einigermaßen genüsslich, das Verlagshaus habe den Sender »abgemahnt«, weil er »offenbar ungeprüft unzutreffende Behauptungen des Betriebsrats der DuMont Druck verbreitet« habe. Ein Sendersprecher schrieb auf Stadtrevue-Anfrage, »die an­gegriffene Berichterstattung« sei »nach Überzeugung des WDR juristisch nicht zu beanstanden«. Der Sender habe daher keine Unterlassungserkärung abgegeben, sondern sie »zurückgewiesen«. Das Verhältnis zwischen DuMont und WDR ist ohnehin nicht sonderlich entspannt, unter anderem, weil der Kölner Stadt-Anzeiger oft kompetent über Querelen im WDR berichtet.

Keine »Verleger­persönlichkeit« rechtfertigt die unternehmerische Entscheidung nach außen

Zumindest branchenintern wuchs die Irritation über die Gemütslage in der Konzernspitze noch, als der Fachdienst »Medieninsider« Auszüge aus einem internen Schreiben von DuMont-Vorstandschef Christoph Bauer zitierte. Darin geht er auf den öffentlichen Unmut über DuMonts Umgang mit den Drucker:innen ein und nimmt das zum Anlass, gegen Gott und die Welt auszuteilen — natürlich gegen den WDR (»tendenziöse Berichterstattung«), aber auch »die Politik«, etwa wegen der »realitätsfernen Umsetzung des Mindestlohngesetzes in der ­Zeitungszustellung« oder wegen fehlender »Ideen«, die »den ungehemmten Ausbau des digitalen Angebots der öffentlich-rechtlichen Anstalten begrenzen«.

Das war nicht das, was sich die Redaktionen des Hauses erhofft hatten. Eine Person aus den Redaktionen sagt, DuMont-Journalist:innen sei nach dem Abservieren der Drucker der »Unmut der Stadtgesellschaft« entgegengeschlagen — unter anderem, weil es, anders als früher, keine »Verlegerpersönlichkeit« gebe, die die unternehmerische Entscheidung nach außen rechtfertigt. Den Eindruck, dass Christoph Bauer eine Verlegerpersönlichkeit ist, erweckte er mit seinem internen Schreiben jedenfalls nicht.

Die Spitze scheint derzeit auch etwas dünn besetzt zu sein. Mitte Oktober erfolgte »mit sofortiger Wirkung«, wie es damals seitens des Unternehmens hieß, die ­Trennung vom fürs Regionalmediengeschäft verant­wortlichen Chief Operating Officer Mirco Striewski. Auf die Nachfrage, ob es für Striewski mittlerweile einen Nachfolger gebe, antwortete eine Verlagssprecherin auf Anfrage im Dezember nicht.

Die gesamte Kommunikationsstrategie erscheint ­derzeit vor allem defensiv. Auch auf andere Fragen der Stadtrevue reagierte die zuständige Sprecherin mit der Bitte »um Verständnis«, dass man dazu »keine Angaben« mache. Dabei handelte es sich teilweise um keineswegs grundstürzende Detailfragen, etwa zur Zusammenarbeit  mit der Verlagsgruppe der Neuen Osnabrücker Zeitung, die der Kölnischen Rundschau überregionale Inhalte liefert, oder zum Umfang des Einsatzes von KI-Bildern in der ­digitalen Wochenendausgabe des Kölner Stadt-Anzeigers.

Andererseits gibt DuMont derzeit ein Bild ab, das für Unternehmen aus der Medienbranche typisch ist. Wenn sie sich Kritik ausgesetzt sehen, verhalten sie sich jedenfalls sehr oft so, dass sich das ohnehin schlechte Bild noch verfestigt.