Falsch abgebogen? Verkehrsversuch auf der Venloer Straße

Endlich Ruhe auf der ­Venloer

Die Venloer Straße ist jetzt Einbahnstraße. Einige Händler drohen mit Klage und beschweren sich über Umsatzeinbußen. Aber hat das mit dem Verkehrsversuch zu tun?

Spaziert man derzeit über die Venloer Straße, fällt auf: Weniger Gehupe und fluchende Radfahrer; auch die Fußgänger scheinen entspannter. Und noch etwas fällt auf, seit Autos auf der Venloer Straße zwischen Ehrenfeldgürtel und Piusstraße nur noch stadteinwärts fahren dürfen: In einigen Geschäften hängen Plakate, die das sofortige Ende des Verkehrsversuchs fordern. Diesen Händlern behagt die Ruhe nicht, sie spüren sie laut eigenen Aussagen auch in den Geschäften. Konkrete Zahlen gibt es nicht, weder zu Umsatzeinbußen, noch zur Zahl der Einzelhändler, um die es tatsächlich geht. Die Kölnische Rundschau berichtet, dass sie gerichtlich gegen den Verkehrsversuch vorgehen wollen und denselben Berliner Anwalt engagiert hätten, der bereits im August den Verkehrsversuch in Deutz gestoppt hat.

Die Einbahnstraße, die seit Ende Oktober gilt, hat laut Allgemeinem Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) zu mehr Verkehrssicherheit geführt, das bestätigen auch Anwohner und Passanten. Es gibt einen neuen Zebrastreifen, weitere sollen folgen, und 17 neue Ladezonen, um dort kurz und sicher anhalten zu können. Volker Spelthann, grüner Bezirksbürgermeister von Ehrenfeld, ist überzeugt, dass Sicherheit und Handel von der Einbahnstraße profitieren: »Die Venloer war ja vorher wirklich kein Paradies!«, so Spelthann. »Wer bitte hat sich am Friesenplatz ins Auto gesetzt, ist zur Venloer gefahren, hat dort einen Parkplatz gefunden, und ist dann gemütlich Bummeln gegangen?«

Gründe für Umsatzeinbußen gibt es viele: Corona, Energiekrise, Inflation und die ständige Bedrohung durch den Onlinehandel. Dazu ein hoher Krankenstand im November und Dezember, Dauerregen, auch die KVB fuhr seltener. Wie können also vermeintliche Umsatzein­bußen einzig auf eine Einbahnstraße zurückgeführt werden, die noch immer mit dem Auto erreich­bar ist, ebenso wie die fünf umliegenden Parkhäuser? Erste Protestplakate hingen bereits Anfang Dezember, die Planungen müssen im November angefangen haben — da war die Einbahnstraße erst wenige Tage alt.

Spelthann habe auch Lob von Händlern gehört, bislang aber wenig direkte Kritik. »Natürlich nehme ich Sorgen wegen Umsatzeinbußen ernst. Aber der erste Weg sollte der persönliche Kontakt sein und keine anonyme Plakat-Aktion.« Bereits vor einem Jahr habe er — zusätzlich zu der Öffentlichkeitsbeteiligung der Stadt — 90 Einzelhändler angeschrieben, über das Projekt aufgeklärt und Gespräche angeboten. Auch damals: nur wenig Resonanz, wenn dann aber eher positive. Aus Spelthanns Sicht ist vor allem die Situation für die Anwohner der Piusstraße schwieriger geworden, die jetzt mehr Durchgangsverkehr haben. »Wir drängen bei der Verwaltung auf Nachbesserungen, sie sucht nach Lösungen.«

Die angedrohte Klage nimmt der Bezirksbürgermeister gelassen. Zwar hat ein Gericht den Verkehrsversuch auf der Deutzer Freiheit aus formalen Gründen beendet, weil die Verwaltung eine Gefahrenlage nicht gründlich genug belegt habe. In Ehrenfeld greift diese Argumentation nicht: Laut einer Erhebung der Allianz Versicherung zählte die Venloer Straße 2022 zu den zehn gefährlichsten Straßen Deutschlands.