Nimmt Wertstoffspenden entgegen: Trocken-Toilette im Volksgarten

Scheiße!

Seit einigen Wochen steht im Volksgarten Kölns erste öffentliche Kompost-Toilette. Ein Zukunftsmodell?

Es fängt schon bei den Begrifflichkeiten an. Wenn Anastasia Bondar über menschlichen Kot und Urin redet, spricht sie von Wertstoffen. »Es gibt noch immer viele Menschen, die damit Scham oder Ekel verbinden«, sagt sie. »Die wollen damit möglichst wenig zu tun haben.« Für die Kölnerin ein Grund, warum sich eine nachhaltige Sanitärversorgung, die Nährstoffe aus von Menschen verdauten Nahrungsmitteln zurückgewinnt, bisher nicht durchgesetzt hat. Die Absolventin der Köln International School of Design (KISD) will das ändern.

Ende November wurde die erste öffentliche Kompost-Toilette im Volksgarten aufgestellt. Das dunkelgrüne Häuschen trägt in weißen Lettern den Schriftzug des Unternehmens, das Bondar gegründet hat: Holy Shit. Die Kompost-Toilette ist ein Einzelstück, die junge Designerin, die 2022 für ihre Abschlussarbeit zur nachhaltigen Sanitärversorgung mit dem Kölner Designpreis ausgezeichnet wurde, hat sie konzipiert und gebaut. »Es bringt nichts, über nachhaltige Sanitärversorgung zu reden. Die Leute müssen es erfahren. Sie müssen merken, dass es nicht ekelig ist und auch nicht stinkt«, sagt Bondar. Um einen Prototyp zu bauen, erhielt die KISD-Absolventin Geld aus dem städtischen Förderprogramm Smart City Cologne Go.

Seit vielen Jahren gilt die Versorgung mit öffentlichen Sanitäranlagen in Köln als Problem. 2013 beschloss der Rat der Stadt ein »ganzheitliches Toilettenkonzept«. Seit 2015 werden die öffentlichen Toiletten von den Abfallwirtschafts-Betrieben (AWB) betrieben. Ein flächendeckendes Angebot gibt es aber weiterhin nicht. Vor allem an zentralen Plätzen oder in Parks fehlen Toiletten. Das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt beschloss deshalb Ende 2022 auf Antrag der Europapartei, in einem Pilotprojekt »neue Toilettenangebote« zu erproben. Zum Einsatz kommen sollen »insbesondere autarke Ökotoiletten bzw. nachhaltige Sanitärsysteme«. Die Politik habe sich dem Thema geöffnet, sagt Designerin Bondar. »Aus der Erfahrung des Konzepts für öffentliche Toiletten hat sich ja auch gezeigt, dass es nicht leicht ist, City-WC-Anlagen aufzustellen.« Neben einem Kanalanschluss stellt auch die Vereinbarkeit mit dem Denkmalschutz ein Problem dar. Kompost-Toiletten sind flexi­bler einsatzbar.

Die Leute müssen es erfahren. Sie müssen merken, dass es nicht ekelig ist und auch nicht stinktAnastasia Bondar, Designerin und Erfinderin der Kompost-Toilette

Bondars Modell kommt nicht nur ohne Chemikalien aus, sondern auch ohne Wasser. »Die Toilette trennt Fest und Flüssig. Damit verhindert man eine chemische Reaktion, es stinkt nicht. Die getrennt-gesammelten Feststoffe werden dann mit einem automatisierten Streuspender bedeckt«, erklärt sie. Die Toilette werde gut genutzt. Eine Herausforderung aber sei die Weiterverarbeitung. Das sei generell ein Problem in der Branche. In Deutschland ist es bisher noch verboten, Dünger, der aus menschlichem Urin oder Kot hergestellt wird, einzusetzen. Bondar kann die Qualitätskontrolle nachvollziehen, nicht aber das strikte Verbot. »Es ist Verschwendung, die Wertstoffe in die Kanalisation zu geben«, sagt Bondar. Forschung stellt bislang die einzige Ausnahme dar.

Die nutzt Bondar. Sie arbeitet an der Weiterverarbeitung der Feststoffe. In Kooperation mit AWB und den Stadtentwässerungsbetrieben (StEB) gibt sie das Gemisch aus Kot und Streu in einen »Hygienisierungscontainer« in Langel, in dem Krankheitserreger abgetötet werden. Der nächste Schritt, die Kompostierung und Verarbeitung zu Dünger, ist in der Umgebung nicht möglich. In Deutschland gibt es dafür bisher nur eine Anlage. Bondar arbeitet daran, eine Kompostierung in der Nähe von Köln aufzubauen. »Die zwei wichtigsten Nährstoffe, die man so zurückgewinnt, sind Phosphor und Stickstoff«, sagt Bondar.

Außerdem hofft sie auf eine geänderte Gesetzgebung. Ziel sei, dass der Kompost die Landwirtschaft erreiche. Auch eine Verwendung als Dünger in städtischen Grünanlagen sei denkbar. »Dann wäre der lokale Kreislauf wieder geschlossen.«

Bei der AWB gibt man sich wenige Wochen nach dem Start des Projekts noch zurückhaltend. »Welche Rolle Kompost-Toiletten in Köln zukünftig spielen könnten, kann erst nach einer umfassenden Betrachtung der verwendeten Technik, des angedachten Stoffkreislaufs sowie der genehmigungsrechtlichen Seite gesagt werden«, erklärt Sprecherin Cordula Beckmann. Ein erstes Fazit möchte der städtische Abfallentsorger im April ziehen. Designerin Anastasia Bondar ist zuversichtlicher: »Köln hat noch genug Platz für weitere Holy-Shit-Toiletten.«