Salz in der Suppe © Curiosafilms Gaumont France2 Cinema, Foto: StephanieBranchu

Geliebte Köchin

Trân Anh Hùngs Koch- und Kostümfilm rührt auch an historisch gewachsene Rollenzuschreibungen

Vordergründig sind in dem Haushalt, in dem sich Mitte der 1880er Jahre praktisch die gesamte Handlung von »Geliebte Köchin« abspielt, die Rollen klar verteilt: Während Dodin Bouffant verschlafen darauf wartet, dass seine Magd Violette ihm ein Bad einlässt, ist Eugénie längst damit beschäftigt, im Garten Gemüse zu ernten. Dass sie nach der zwischenzeitlichen Zubereitung des Frühstücks sogleich, von Violette assistiert, zur Vorbereitung der nächsten Mahlzeit schreitet, weist Eugénie als die vom deutschen Filmtitel benannte Köchin des Landsitzes aus — wobei freilich überrascht, dass der Hausherr beim Kochen dann selbst mit Hand anlegt.
Wenn Dodin anschließend Freunde zum Festmahl empfängt, bleibt Eugénie in der Küche. Das wird von den Gästen glaubhaft bedauert, die die Frau bezeichnenderweise zur »Künstlerin« erklären, bevor ein eintreffender Bote Dodin wiederum als den »Napoleon der Kochkunst« adressiert.

Indem Regisseur Trân Anh Hùng, der, von einem hundert Jahre alten Roman inspiriert, auch das Drehbuch zu seinem siebten Spielfilm verfasst hat, solche Ehrentitel einstreut, wirft er subtil die Frage auf, was die Kunstfertigkeit seiner beiden Hauptfiguren unterscheidet. Obwohl er kein Restaurant betreibt, versteht Dodin sich als »Gastronom«. Und die Erwähnung eines Traums, in dem er Frankreichs »erster Koch« war, spitzt noch einmal unaufdringlich die Frage zu, inwieweit die Differenzierung der führenden kulinarischen Rollen — und des jeweiligen Prestiges — historischem Wandel und geschlechtsspezifischen Assoziationen unterlag.

Während die von der Kamera sorgfältig beobachtete Kochkunst allemal den Appetit anregt, zeichnet sich beiläufig ab, dass die hier zubereitete Haute Cuisine auf heutige Geschmäcker so überladen wirken würde wie manche Begriffe, in denen Dodin über sie spricht. Als Voraussetzung der Kochkunst erscheint indes eine lange Ausbildung sowie Talent, das der Gastronom nebenbei einem jungen Mädchen ebenso unvoreingenommen attestiert wie seine Köchin es tut. Die wiederum ist offenbar damit zufrieden, wie sich ihre Kochleidenschaft mit der des Dienstherrn ergänzt, weshalb sie auch in der gemeinsamen Liebesbeziehung eine ebenso intuitive gegenseitige Aufmerksamkeit zu gewährleisten versucht — indem sie seinem Heiratswunsch widersteht und separat im Dienstbotentrakt schläft.

(La Passion de Dodin Bouffant) F 2023, R: Trân Anh Hùng, D: Benoît Magimel, Juliette Binoche, Emmanuel Salinger, 136 Min.