Schwereloser als die Geschichte: Fritz Behns Diana

Schwere Last

Fritz Behn, Diana mit der springenden Antilope, Sachsenring

Zwischen den Fahrbahnen des Sachsenrings, entlang der Straßenbahnschienen und durchkreuzt von Abbiegespuren erstreckt sich ein mit Bäumen bewachsener Grünstreifen. In dieser Großstadtidylle wurde vor Jahrzehnten die Bronzeplastik einer lebensgroßen »Diana mit springender Antilope« (1916) aufgestellt. Mit der Göttin der antiken Mythologie, der Herrin und Jägerin des Wildes, hat diese Diana nur wenig gemein. Die Komposition der Zweiergruppe konzentriert sich ganz auf die Bewegung. Nur die Hinterläufe des sehnigen Tieres und ein Fuß der weiblichen Figur sind mit der Standplatte verbunden. Das Linienspiel ihrer Gliedmaßen beschreibt ein harmonisches Miteinander.

Fritz Behn (1878-1970), der Schöpfer der Plastik, war Anfang des 20. Jahrhunderts berühmt für seine Darstellung der Tierwelt Afrikas. Er hat sie auf zwei Expeditionen in der Kolonie Deutsch-Ostafrika erforscht — heute Tansania, Ruanda und Burundi — und vom erlegten Großwild Zeichnungen und, unter enormem Aufwand, auch Gipsabgüsse angefertigt.

1924 erwarb die Stadt Köln seine »Diana mit springender Antilope«. Zur internationalen Presseausstellung PRESSA 1928 war sie auf einem Hochsockel prominent an der Achse zwischen dem Großen Rondell vor dem Staatenhaus und dem Café Parkhaus platziert. Zu den Sonderschauen dieser Messe zählte eine »Koloniale Sonderschau«. Das deutsche Kolonialreich war da längst Vergangenheit, aber Vereinigungen wie die Deutsche Kolonialgesellschaft propagierten weiterhin den wirtschaftlichen Nutzen von Kolonialbesitz. Fritz Behn war seit 1911 Mitglied dieser Gesellschaft, Konrad Adenauer ihr letzter Vizepräsident, bevor sie 1933 aufgelöst wurde.

Der Bildhauer hatte aus seiner nationalistischen Einstellung nie einen Hehl gemacht und hat sich mit dem Nazi-Regime gut arrangiert. 1944 nahm man ihn in die sogenannte »Gottbegnadeten-Liste« auf. In der Stadt sind auch Arbeiten des Künstlers aus dieser Zeit zu finden, so ein »Mädchen mit Panther« im Kölner Zoo.
Den Kolonialisten Behn hat das Institut für Afrikanistik der Universität zu Köln bei seiner Kölner Spurensuche schon vor Jahren entdeckt. Auf seine Nähe zum Nationalsozialismus machte 2017 das »StadtLabor für Kunst im öffentlichen Raum« aufmerksam. Geblieben ist die Frage, wie die Stadt mit diesem Wissen umgehen soll und was es für das Werk bedeutet.