Dario Fo und Franca Rame mit ihrem Sohn Jacopo, 1962 © Wikimedia Commons

»Offenes Paar, fast weit geöffnet«

1983 schrieb das Autor*innenduo Dario Fo und Franca Rame ein Stück über das Öffnen einer Liebesbeziehung

»Das mit der ehelichen Treue ist ein alter Zopf! Ein menschenunwürdiges Postulat!«, sagt der Mann und öffnet die Ehe kurzerhand

mit allerlei Geliebten. Seine Frau Antonia, die von einem Suizidversuch zum nächsten taumelt, beschwichtigt er damit, dass die Ehe bloß eine Erfindung des Patriarchats sei — und ihre eigene Beziehung so viel größer, wie zwischen alten Freund*innen, geprägt von Achtung. »Mit dieser offenen Zweierbeziehung sind schon genug Leute auf die Schnauze gefallen! Schluss damit!«, sagt Antonia und lässt sich dennoch darauf ein. Sie legt sich ein neues Outfit zu, eine eigene Wohnung und schließlich auch einen Liebhaber. Alles in ­Ordnung also? Von wegen.

Die Tragikomödie des Autor*­innenduos Dario Fo und Franca Rame ist ein Katastrophenbericht, scharfzüngig und sehr lustig. 1983 wurde das Stück in Stockholm ­uraufgeführt. Die beiden Autor*­innen waren da seit vielen Jahren selbst ein Paar: Sie eine politische Aktivistin, die sich in der Roten Hilfe für politische Gefangene einsetzte, er, aufgewachsen in einer Familie, die im antifaschistischen Widerstand aktiv war. 1997 wurde Fo mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet, von dem er stets als »unserem Nobelpreis« sprach, denn die meisten sozialkritischen Stücke hatte das Paar gemeinsam geschrieben.

»Coppia aperta, quasi spalancata« lautete der Titel im italienischen Original, was wortwörtlich übersetzt so viel bedeutet wie: »Offenes Paar, fast weit geöffnet«. Zwei Jahre nach seiner Uraufführung brachte es die Theaterwerkstatt Hannover auf die Bühne, ­begleitet von einem Programmheft. Darin Texte mit Titeln wie »Lieber Ehe oder eher Liebe«, Schwarz-Weiß-Porträts von Paaren, Gedichten und einem Interview mit Franca Rame. Nach den Vorstellungen sei ihre Garderobe zum Sprechzimmer geworden, ­erzählte sie, weil Menschen kamen, die ihre eigene, schreckliche Geschichte erzählten. Sie selbst hat sich mit dem Ende des Stückes durchgesetzt: Fo wollte einen witzigen Schluss, sie jedoch beharrte auf die Veränderung der Frau und die Existenz eines Liebhabers. ­Antonia, die weiß, dass die offene Zweierbeziehung nur nach einer Seite geöffnet sein darf, nämlich nach der des Mannes, dreht am Ende den Spieß um.  Als sie sich ­einen anderen nimmt, steigt ihr Mann mit dem Fön in die Badewanne.