Direktorin Lisa Arndt, Geschäftsführerin Susanne Zander (rechts) und ihre Wachhunde

»Die Werke in die Welt zurückbringen«

Die Sammlung Zander hat ein neues Zuhause in Köln

»Es kamen am 25. November außerordentlich viele Menschen, die mit uns die Eröffnung dieses Ortes feiern wollten«, zeigt sich Lisa Arndt auch Wochen später noch vom gewaltigen Andrang in der Jülicher Straße 24A begeistert. Arndt ist Direktorin der Sammlung Zander, die hier, im neuen Büro im Belgischen Viertel, nur ­einige ausgesuchte Bilder aus mehr als 4000 Werken zeigen kann; der Rest bleibt im Depot.

Und doch beginnt für Arndt mit dem Standort, inmitten ­etlicher Galerien und Off-Spaces, eine neue Zeitrechnung: »Man kann von außen sehen, wie wir diese außergewöhnliche Sammlung verwalten. Es ist eine neue Öffentlichkeit.« Diese neue ­Öffentlichkeit war das erklärte
Ziel von ihr und Geschäftsführerin Susanne Zander.

»Meine Mutter hat die Werke in über 50 Jahren Sammeltätigkeit zusammengetragen«, erklärt ­Susanne Zander, die man in Köln — und auch weit darüber hinaus — seit den 80er Jahren als versierte Galeristin kennt. Sie spezialisierte sich als eine der ersten in Deutsch­land auf die sogenannte Outsider Art; erst alleine, später zusammen mit Nicole Delmes, prägte sie die Kunstwelt, sicherte bisweilen ­riesige Konvolute von Künstler*­innen, die von Markt und Szene gleichermaßen ignoriert oder ­verlacht wurden.

Die Widrigkeiten ­wurden nun jahrelang betont und gleichzeitig zu wenig über die Kunst selbst geredetSusanne Zander

Diese Mentalität, immer auf der Suche nach dem Besonderen und nach übersehenen Künstler*­innen zu sein, wurde ihr wohl in die Wiege gelegt, denn schon ­Mutter Charlotte Zander war eine Pionierin. Sie setzte ab den 60er Jahren ihren Sammlungsschwerpunkt auf Naive Kunst, erwarb Werke der sogenannten »Maler des Heiligen Herzens«, einer ­disparaten Gruppe an Künstler*­innen, die trotz fehlenden Akademiehintergrunds in der Pariser Szene der 20er Jahre große Erfolge feiern konnten. 1971 eröffnete sie die »Galerie Charlotte« in München, die sie, wie ihre Tochter heute erklärt, als Vehikel für die eigene Sammlungstätigkeit betrieb. 1995 schloss die Galerie, woraufhin im schwäbischen Bönnigheim ein Museum entstand. »Der Erhalt der Werke, die Verwaltung, der Betrieb des Museums waren natürlich mit erheblichen Kosten verbunden. Das spärliche Besucheraufkommen konnte dies nicht annähernd tragen«, erklärt Susanne Zander, die 2014, nach dem Tod der Mutter, die Sammlung erbte und zur neuen Geschäftsführerin wurde. Die fehlende Strahlkraft im Stuttgarter Hinterland adressierte sie direkt und realisierte mit der ­renommierten Gast-Kuratorin ­Susanne Pfeffer eine Neuhängung des exzeptionellen Konvoluts — gleichzeitig überführte sie die Sammlung in die Gemeinnützigkeit: »Die Sammlung gehört seit der Gründung der gemeinnützigen GmbH uns allen — und nicht mehr mir -, unsere Tätigkeit ist dem Wohl der Allgemeinheit ­verpflichtet.« Das geschah alles parallel zur eigenen Galeristinnen-Tätigkeit — ein Spagat, der irgendwann aufgelöst werden musste. 2019 lief der Mietvertrag in Bönnigheim aus und Susanne Zander nutzte die Chance, die Kollektion nach Köln zu verlegen.

»Der Umzug war trotz allem kein einfacher Schritt. Es war keine Entscheidung gegen das Museum, sondern für Köln und dafür, die Werke in die Welt zurückzubringen.« Diese neue Präsenz zeigt sich unter ­anderem in den reichlichen Anfragen von Museen und Ausstellungsmacher*innen nach Leihgaben — Sammlungskünstler*innen wie André Bauchant oder Séraphine Louis sind überaus gefragt. 2021 schloss die Galerie »Delmes & Zander«; seitdem sind Zander und Direktorin Lisa Arndt, die ­vorher lange Jahre für die Galerie tätig war, Vollzeit im Auftrag der Sammlung unterwegs. Als erstes Ergebnis ist unter anderem ein Katalog mit dem Titel »26 Künstler*innen« erschienen, an dem sechs Jahre gearbeitet wurde. Was erstaunt: Obwohl die Künstler*innen mit Hindernissen und Widerständen konfrontiert waren, schenkt man diesem Umstand keine Beachtung. Zanders Maxime lautet: »Diese Widrigkeiten wurden nun jahrelang betont und gleichzeitig zu wenig über die Kunst selbst ­geredet. Es geht uns nicht mehr um Begriffe wie Naive Kunst oder Outsider Art — die wir hier möglichst vermeiden -, sondern um die Kunstwerke der Sammlung und eine lange ausstehende ­wissenschaftliche Aufarbeitung.«

»26 Künstler*innen. Arbeiten aus der Sammlung Zander«, Hrsg.: Susanne Zander, 360 Seiten.
Verlag der Buchhandlung Walther König, 38 Euro. Texte: Susanne Pfeffer & Moritz Scheper