Ralph Tharayil: »Nimm die Alpen weg«

Ein Buchtipp der Stadtrevue

Ralph Tharayils literarisches Debüt ist ein besonderes: lyrisch, auslassend und doch so akkurat beschreibend, dass Bilder entstehen, die im Gedächtnis bleiben. In »Nimm die Alpen weg« beschreiben die wir-erzählenden Geschwister ihr Aufwachsen in der Schweiz neben Ma und Pa, die immerzu arbeiten und einiges an Stress auf sich nehmen, um sich ein größeres Zimmer für ihre Kinder mit den schönen Augen leisten zu können. »Wir steigen aus dem Hochbett und da ist / niemand. / Da ist kein Pa, der kocht, und keine Ma, die schläft / Beider Arbeit / Beider Arbeit / Beider Arbeit / Wir stellen die Mikrowelle auf eins und gurgeln so lange, bis uns die Milch aus den Zahnlücken schießt.« Ein musikalisches Buch über das Erwachsenwerden und das Verständnis von Familie, Zuhause und Enge. Über die Kopplung des eigenen Empfindens an Menschen, Dinge und Landschaft im direkten Umfeld. Aber auch über die Entkopplung des vom zu Hause Erzählten durch das Wundern über die Sprache. »Wer fragt, der stirbt«, erklärt Pa wieder und wieder. Und die Alpen? Beim Lesen entsteht die Idee, sie stünden für die Schichtung dessen, was hier sprachlich abgetragen wird. Tharayil erklärt: »In diesem Gefüge der Enge sind die Alpen das, was es zu überwinden gilt.«

Voland & Quist, 128 Seiten, 22 Euro