Komm her, komm bloß nicht näher: Die Ultras von fABULEUS

An Grenzen gehen

Choreografin Reut Shemesh befragt mit zehn ­Jugendlichen in »Ultra« die Energie der Gruppe

Wattebäuschchen weggepackt! Was »Ultra« heißt, ist nicht unbedingt die Kuschelgruppe. Auf der Bühne geht es aber auch nicht direkt um Fußball, Fankultur und -kurven in Stadien. Sie waren vielmehr Inspirationsquelle für das wuchtige, auch bittere Stück »Ultra« der Kölner Choreografin Reut Shemesh. Mit zehn Jugendlichen, die ihre Themen und Talente einbringen konnten, hat sie es erarbeitet. Und was sind sie stark! Keine Tanzprofis, sondern Teil von fABULEUS, einem Kulturhaus im belgischen Leuven, wo das Stück im November 2023 Premiere feierte.

Frühere Gastspiele von Choreografien mit Kindern und Jugendlichen von fABULEUS etwa im Tanzhaus NRW in Düsseldorf bewiesen, dass sie an Qualität kaum denen der Profis nachstehen müssen und dazu noch alle Generationen an Zuschauern mitreißen. So etwas ist auch Reut Shemesh mit der Gruppe gelungen. Wie die zehn ins Publikum schauen, scheint zu sagen: Ey, was wollt ihr? Wisst ihr, was wir wollen? Was ich will? Zehn Arten von grimmigem Blick, der vielleicht droht, vielleicht abwehrt, lockt und gleichzeitig Distanz schafft. Komm her, komm bloß nicht näher!

Wir sind dran! Sie rütteln mit ihren Körpern, den Brustkörben, Schultern, Hüften, im Stehen, auf allen Vieren. Sie stampfen, klatschen, blecken Zähne, bauen sich breitbeinig auf, recken Ellbogen, Mittelfinger, holen aus wie zum Schlag, rammen die Faust vor sich auf und ab, als pumpten sie.

Energie? Wut? Spaß? Sie umringen einen Einzelnen, der am Boden ist, sie drücken sich aneinander, lassen plötzlich los. Gehen hin, gehen einfach weg, warten ab. Legen eine Hand auf eine Schulter, eine Stirn an eine Stirn. Lächeln nie. Mit Popping, Breaking, Twerking, Skaten, Cello, Schlagzeug tun sich einzelne kurz hervor. Wechseln sie von den Schlabbershirts zu Tarnfleck-Kluft, erinnern sie an den Krieg oder sehen ihn voraus. »Video Games« von Lana del Rey singt eine von ihnen, Jinte De Greef. »Tell me all the things you want to do«, singt sie, nur für sich, als wüsste sie um die Vergeblichkeit des »you« oder des Wollens.

Reut Shemesh, in Israel ge­boren, Studium von Tanz und Choreographie in den Niederlanden, lebt seit 2013 in Köln und ­erhält zum zweiten Mal die ­dreijährige »Spitzenförderung Tanz des Landes NRW«.

TanzFaktur,11. & 12.4., 18.30 Uhr