Begehrte Höllenbilder

Mit »Hieronymus Bosch« liefert Pieter van Huystees einen Doku-Thriller aus der Kunstwelt

Am 9. August jährte sich der Todestag von Hieronymus Bosch zum 500. Mal. Nicht nur für Freunde bizarrer Horrorliteratur und drastischer Heavy-Metal-Ästhetik ist dies von Belang, erweisen sich die Höllen-Imaginationen des niederländischen Renaissance-Malers doch bis heute als Impulsgeber für alle möglichen transgressiven Bildkulturen. Angesichts eines überschaubaren überlieferten Œuvres ist das Jubiläum auch hinter den Kulissen der internationalen Kunstinstitutionen seit geraumer Zeit Anlass für rege Betriebsamkeit: Renommierte Museen wie das Prado in Madrid und die Einrichtungen in Boschs Geburtstort ’s-Hertogenbosch konkurrieren, neben anderen Häusern, seit Jahren um große, öffentlichkeitswirksame Ausstellungen.

 

Pieter van Huystees intimer Dokumentarfilm »Hieronymus Bosch — Schöpfer der Teufel« wirft nun einen unaufgeregten, aber spannenden Blick hinter diese Kulissen, die sich im Fall glückender Großausstellungen als Feier des schönen Scheins präsentieren. Neben kunstforensischen Forschungen am konkreten Material mit gleichermaßen Low- und Hi-Tech-Methoden, um so exakt wie möglich zu präzisieren, bei welchen Gemälden es sich tatsächlich um Werke aus Meisterhand handelt, steht vor allem die Kunstfertigkeit strategischen Taktierens und haifischartiger Diplomatie im Vordergrund.

 

Dem Anschein nach gibt man sich im Betrieb herzlich und kollegial — doch tatsächlich dreht sich alles um Prestige und sehr viel Geld. Das Prado etwa gewährt einer Gruppe niederländischer Kunstforscher zwar selbstredend Zugang zur eigenen Bosch-Sammlung — der größten weltweit, wie man sich genüsslich rühmt —, doch fließen dabei auch Nachfragen ein, ob man denn etwa bezwecke, bislang eindeutig der Künstlerhand zugeschriebene Werke zu Werkstattbildern zu degradieren. In Venedig hingegen ist man gegenüber Leihgabenanfragen sehr offen — sofern die Niederlande denn gewillt sind, für die teuren Restaurationen aufzukommen, für die es gerade, ach, an eigenen Mitteln sehr mangele. Nicht zuletzt geht die Kommunikation oft über Bande: Wer könne wem gegenüber ein gutes Wort einlegen, um an welche Bilder zu gelangen. 

 

Neben den tollen, lang gehaltenen Detailaufnahmen aus Boschs Werken, die in der Kinoprojektion an Faszinationskraft noch hinzugewinnen, besteht dieser Film somit auch als ein unterschwellig köchelnder Politthriller aus dem Kunstbetrieb. Er macht einen klüger und schärft die Sinne für die verrätselten Bilder eines Großmeisters.

 

Hieronymus Bosch (dto) NL 2016, R: Pieter van Huystee, 84 Min. Start: 15.9.