»Wir schreiben jetzt drauf, was drin ist«

Aus der Cologne Conference wird das Film Festival Cologne. Ein Interview mit Festivaldirektorin Martina Richter und Programmchef Johannes Hensen

Was war der Grund, den eingeführten Namen Cologne Conference im 26. Jahr in Film Festival Cologne zu ändern?

 

Richter: 2007 haben wir uns vom Medienforum getrennt und mehr und mehr den Festivalcharakter dieser ehemaligen Fachveranstaltung ausgebaut, sind mit mehr Vorführungen in die Kinos gegangen und haben gesehen, dass es Interesse und Bedarf in der Stadt und der Region gibt. Und wenn wir jetzt meinen, ein Filmfestival zu sein, dann schreiben wir auch drauf, was drin ist. Das heißt aber nicht, dass wir nun keine Branchendiskussionen oder Serienschwerpunkte mehr im Programm hätten.

 

Der Begriff Fernsehen taucht allerdings nicht auf im neuen Namen.

 

Richter: Für viele ist Fernsehen nicht mehr das Leitmedium. Der Eindruck, das Fernsehen würde gerade brummen, ist mehr ein Feuilletonding. In Zeiten wie diesen, in denen man überall audio-visuelle Inhalte sehen kann, ist es müßig, in der Überschrift eine Trennung vorzunehmen. Wenn man sich die Bandbreite von Youtube-Sachen, die wir auch immer schon gezeigt haben, bis hin zu klassischen Kinoproduktionen anguckt, dann kann man das unter dem Begriff »Film« subsumieren.

 

In welcher Relation steht das Festival zu anderen Filmfestivals in Deutschland?

 

Richter: Der Vergleich mit anderen Festivals fällt insofern schwer, als wir vom Fernsehen und Diskurs kommen und viel mehr sind als ein reines Filmfestival. Wir haben auch eine sehr strenge Auswahl. Es muss zu uns passen.

 

Was erwartet den Festivalbesucher?

 

Hensen: Da ist zum einen das reguläre Festivalprogramm, das sich an alle Kölner richtet, dann gibt es den Branchenteil, der weiterhin Konferenzcharakter trägt. Im Programm wird sich das Verhältnis Film zu Fernsehen die Waage halten. Es geht uns um die Abbildung dessen, was auf dem Weltmarkt »State of the Art« ist. Was an Kinoproduktionen gegenwärtig weltweit durch die Festivals tourt, zeigen wir in der »Kino«- und der »Look«-Reihe. Einen regionalen Schwerpunkt setzen wir in der Reihe »Made in NRW«, die ausschließlich Kinofilme zeigt, die hier gedreht oder finanziert wurden. Da sind auch internationale Koproduktionen dabei,mit denen wir zeigen, wie lebendig dieser Standort ist.


Viele spätere Erfolge waren erstmals auf der Cologne Conference zu sehen. Gab es auch Produktionen, deren Potenzial übersehen wurde?

 

Richter: »Ally McBeal«. Da waren wir ignorant (lacht). Unser Anspruch ist, die richtig guten Serien zu zeigen, und zwar als Deutschland-Premiere. So wie im letzten Jahr »Mr. Robot«. 

 

Hensen: Es wird in diesem Jahr mehr europäischen Serien geben. Europäische Produktionen sind sehr viel besser geworden, vielschichtiger und interessanter als vieles, was aus den USA kommt. Wir zeigen zwei französische -Produktionen, die großartige Politserie »Baron noir« und den Drogenhandel-Thriller »Cannabis«. Wir haben mehrere Serien aus Großbritannien und, was uns sehr freut, eine aus Argentinien: »El Maginal«, eine Serie, die im Knast spielt und die dortigen Strukturen und Machtkämpfe zeigt. Es kommen Länder nach, die früher nicht auf diesem Niveau produzieren konnten. 

 

Richter: Für uns ist eine Serie interessant, wenn sie einordnet, was weltweit gerade passiert. Wir richten bei unserer Auswahl ein Augenmerk auf das, was jenseits der eigentlichen Geschichte in der Serie kommentiert wird und mit dem Hier und Jetzt zu tun hat.

 

Interview: Martin Klein