Farce mit Pokerface

In Der Schatz gräbt Corneliu Porumboiu

in der Vergangenheit Rumäniens

 

Die Schatzsuche gehört zu den ältesten Sujets. Eine geheime Information schafft ein Objekt des Begehrens, eine Suche beginnt, am Ende wartet das Glück oder die Enttäuschung. Action und Suspense, Comedy und Drama, Allegorie und Satire, für jedes filmische Genres erweist sich die Schatzsuche als geeigneter Rahmen. Das Schöne an Corneliu Porumboius »Der Schatz« ist, dass es buchstäblich um die Suche nach der Kiste im Boden geht, dass es keine einzige Szene gibt, die nicht zunächst dieser Suche untergeordnet wäre.

 

Natürlich geht es letztlich um mehr. Aber Porumboiu (»Police, Adjective«) drückt seiner Geschichte keinen Überbau auf, sondern lässt die Subtexte organisch aus der Handlung hervorgehen. Diese ist schnell in Gang gebracht: Costi erklärt sich bereit, seinem klammen Nachbarn Adrian die Miete für einen Metalldetektor vorzustrecken. Adrian will einen Schatz finden, den Adrians Großvater einst vor den Kommunisten im Garten versteckte. Die Beute wollen die Nachbarn sich teilen. Costi kommt diese Chance auf schnellen Reichtum gerade recht, und auch die Augen seines kleinen Sohnes leuchten endlich wieder.

 

Diese Konstellation ermöglicht es Porumboiu, in Vergangenheit und Gegenwart seines Landes zu graben. Mit Details in Bild und Dialog legt er allerhand Schichten frei. Die Geschichte Rumäniens er-scheint als notdürftig verschüttete Abfolge von Revolutionen, Kriegen und imperialistischen Übergriffen — und ohne Beziehung zu Costis bürgerlichem Leben. Erst durch die formale und inhaltliche Reduktion kann derlei Komplexität in den Film strömen, ohne dass man das Gefühl hätte, illustrierten Thesen folgen zu müssen. Ganz nach dem Motto: Nur ein bisschen graben, es wird schon genügend zu Tage treten.

 

Was die Tonlage angeht, lässt sich »Der Schatz« als Farce beschreiben: ungemein komisch, aber stets mit Pokerface und ohne Pointen vorgetragen. Ein Reiz besteht darin, erwachsene Menschen zu beobachten, wie sie mit der Hilfe eines hilflos wirkenden Experten und dessen zwei Detektoren einen Garten umgraben – die High-Tech-Variante liefert nur kryptische Graphen, das Old-School-Modell piept hingegen unentwegt. Für das Ende allerdings hält Porumboiu dann doch noch eine Pointe bereit – die Mühe wird sich gelohnt haben. 

 

Der Schatz (Comoara) RUM/F 2015,
R: Corneliu Porumboiu, D: Toma Cuzin, Adrian Pucarescu, Corneliu Cozmei,
89 Min. Start: 6.10.