Tribut an deutsche Experimentalfilmer

Videonale.scope verbeugt sich vor Lutz Mommartz und Wilhelm Hein

Die Videonale widmet dieses Jahr ihre wie stets duographisch gehaltene Retrospektive zwei (zumindest eine wichtige Zeit ihres Schaffenslebens lang) im Rheinland verankerten Altmeistern der BRD-Avantgarde: Lutz Mommartz und Wilhelm Hein. Endlich mal ein Videonale.scope (wie sich der Rückschauteil der Veranstaltung nennt) ohne internationale Beteiligung. Die war tendenziell immer eher fade, und sei’s auch nur, weil die Damen und Herren aus der weiten Welt komplettkanonisierte Kapazunder waren, die diese Art von Aufmerksamkeit auf einer vergleichsweise überschaubaren Veranstaltung echt nicht brauchten, dafür aber mit ihrem Renommee alles um sie herum überstrahlten. Dieses Mal geht’s also auf Augenhöhe zu!

 

Mommartz und Hein betraten etwa zeitgleich die Experimentalfilmweltbühne: in den späten 1960ern. Für beide war der Auftritt auf »EXPRMNTL 4« (1967), dem Experimentalfilm-Festival in Knokke, so etwas wie ein fliegender Karrierestart, aus dem Hein letztlich mehr machte. Mommartz gewann zwar den 2. Preis für »Selbstschüsse« (1967), doch im langen Lauf etablieren konnte sich Hein. Was vielleicht mit den Eigenarten ihres jeweiligen Schaffens zusammenhängt: Mommartz’ Kino ist hintersinnig, oft komisch, eigensinnig leicht, angesiedelt irgendwo an der Schnittstelle zwischen Dada und Surrealismus. Heins Kunst, egal ob in den Solowerken oder in seinem Schaffen mit Birgit Hein, hat eine gewisse Rauheit und Härte, etwas Schroffes, selbst in der Liebe, auch etwas ganz brutal sich selbst Entäußerndes. Was an beiden gleich gefällt, ist ihre Schaffenswut. Die Verleiht sich etwa in der Werksmasse Ausdruck, so laufen im Programm rund eineinhalb Dutzend Filme von Mommartz allein aus den Jahren 1967–70. Sie äußert sich aber auch in monumentalen Einzelwerken wie in Heins in Auszügen zu sehendem vielstündigen Schaffensdelta »You Killed the Underground Film or The Real Meaning of Kunst bleibt... bleibt...« (2013). Daneben nimmt sich Mommartz’ 156 Minuten langes Opus Magnum »Der Garten Eden« (1977) aus wie ein Gebirgsbach.

 

Beide haben mit Formen des Expanded Cinema experimentiert, zu sehen sind hier aber allein Werke dieser Art von Hein, für den das Schaffen für zwei, drei oder mehr Leinwände auch letztlich wichtiger war. Für beide gilt: Man kann der Urgewalt wie Weite ihrer Œuvre in so einem engen Rahmen nur Tribut zollen, aber nie gerecht werden.

 

Videonale.scope: Do. 24.11.–Sa. 26.11., Filmclub 813, Temporary Gallery,

Turistarama. Infos: videonale.org