Im Selbstzerstörungs-Rausch: Nicolas Cage in »Dog Eat Dog«

Mann beißt Mann

Das Fantasy Filmfest eröffnet sein Winterprogramm mit einer Allegorie auf den Erfolg Donald Trumps

Es ist die Zeit des narzisstischen Nonkonformisten, des »mavericks«: Noch nicht einmal im Amt, sorgt President-elect Donald Trump bereits mit wenigen Tweets für Raureif in den diplomatischen Beziehungen der USA. Taktgefühl ist suspendiert, im new vulgarism ist Draufhauen das Gebot der Stunde.

 

Großmäuler, nervöser Überschuss und stumpfe Brutalität bilden auch den Stoff, aus dem der postmoderne Gangsterfilm schöpft. Mit »Dog Eat Dog« hat der US-Auteur Paul Schrader nun einen Nachzügler dieses mit dem 90er-Jahre-Kino assoziierten Subgenres vorgelegt. Schrader ist der prominenteste Name im Line-Up des diesjährigen Winterprogramms des Fantasy Filmfests, in dem insgesamt zehn Filme an einem Wochenende präsentiert werden, darunter der Indie-Vampirfilm »The Transfiguration« und der Weihnachts-­Slasherfilm »Safe Neighborhood«.

 

»Dog Eat Dog« fügt sich motivisch gut ein ins übrige Werk des einstigen New-Hollywood-Drehbuchmeisters (»Taxi Driver«), der mit Vorliebe selbstzerstörerische Typen umkreist: Drei stumpfe Gangster (Nicolas Cage, Willem Dafoe und Christopher Matthew Cook) ziehen hier ein letztes großes Ding durch und scheitern dabei an Größenwahn und Unvermögen. Wer will, kann in dieser Ballung von White-Trash-Americana dem politisch Unbewussten der USA beim Brodeln zusehen. Schrader sagt selbst, dies sei »ein unwichtiger Film«: schnell, billig, industriefern runtergedreht. Und tatsächlich irritiert es zunächst, wenn ein alter Regie-Wadenbeißer dem ersten Anschein nach einen epigonalen Tarantino-Reißer dreht. Doch Schrader begreift »Dog Eat Dog« als formales Experiment: Stil und Tonfall wechseln hochfrequent die Register — am Ende steht gar ein expressiver Showdown, der den filmischen Raum im abstrakten Spiel von Licht und Farbe auflöst. Schrader reagiert damit eigener Aussage nach auf Freiheit und Wurschtigkeit des digitalen »Post-Rules-Cinema«, in dem das Ideal des einheitlichen Stils einer rasanten Abfolge widersprüchlicher Eindrücke weicht. Ein Krisenfilm, der auch mit dem von Grund auf umgekrempelten Hollywood der Gegenwart zu tun hat. Alte Regeln gelten nicht mehr — wer könnte das besser bestätigen als Donald Trump?

 

Sa 14.1.– So 15.1., Residenz.
Infos: fantasyfilmfest.com