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Alle Jahre wieder verschränkt Alfred Neven DuMontdie Arme hinter dem exzellent sitzenden Anzug, wandert angespannt sinnierend durchs Herausgeberkontor, konzentriert bis in die dezent nachkolorierten Schnurrbartspitzen, um sich dann mit einem Ruck an die Damen in der Schreibstube zu wenden: »Ich hab’s!«, ruft er aus, »sind Sie so weit? Also schreiben Sie: Kleinkrämerei beherrscht Köln...« Was unter dieser Überschrift am 5. Mai im Kölner Stadt-Anzeiger folgte, war ein Aufschrei des Kölner Ehrenbürgers DuMont, stellvertretend für alle Bürger – sprich: Abonnenten, die seither auf den Leserbriefseiten fast unisono »Bravo!« skandieren. DuMont spricht vom »ernüchterten Bürger«, vom »zurück gestoßenen Bürger«, vom »einfachen Bürger«, der einzugehen drohe in einer Stadt, die nicht nur nicht Kulturhauptstadt werden konnte, sondern sogar ihre Ratshausturmfiguren verkommen lässt. Während der Kölner Bürger zum Wohle seiner Stadt zu allem willens sei, sei die Stadt wahlweise unwillig oder unfähig. Mit welcher Forderung würde der Verleger schließen, wie fiele seine Konsequenz aus? Brutalstmöglich!
Er verließ seine Muttersprache und endete mit einer Frage, wie sie ein zugedröhnter Techno-DJ kaum schärfer formulieren könnte: »Everybody happy?«

Dreisatz für Medienkaufleute: Was tun, wenn Quote und Umsatz auf unbefriedigendem Niveau stagnieren, Wachstum nicht in Sicht ist, die Rendite aber steigen soll? Anke weiß es! Anke ist Anke Schäferkordt und seit neun Monaten Chefin der RTL-Senderfamilie. Ihre Lösung: Kosten senken wo es nur geht, notfalls auch beim Personal. Eine interne Kommission wurde losgeschickt, Einsparpotenziale auszumachen, und nachdem zunächst externe Produzenten angehalten wurden, bei unveränderter Qualität billiger zu liefern, stehen nun auch den Festangestellten Gehaltskürzungen und Stellenstreichungen ins Haus. Schäferkordt – an der Aachener Straße auch »Schnappi« genannt – wurde auch deshalb RTL-Chefin, weil sie weniger eine Kreative ist, sondern aus dem Controlling kommt und perfekt Kopfrechnen kann.

Unzumutbar findet es der WDR, seine Produktionen auf einem Festival zu präsentieren, das die Marke »Spiegel TV« im Titel trägt. Darum zog der Sender sich selbst und im Gefolge auch den Kanal Phoenix aus der traditionsreichen Cologne Conference zurück, die seit diesem Jahr den Zusatz »Spiegel TV & Filmfestival« trägt. Stattdessen präsentiert man sich auf dem neusten Kölner Festival: »Großes Fernsehen« heißt das neue Ding im Rahmen des Medienforum NRW. Ob es Sinn macht, in Köln zwei Fernseh-Festivals zu unterhalten, soll im Herbst erörtert werden. Da »Großes Fernsehen« den wichtigen Geldgebern NRW-Staatskanzlei und Landesanstalt für Medien sehr nahe steht und der gedemütigte WDR sich bereits deutlich positioniert hat, steht die Zukunft der CoCo derzeit in den Sternen.

Mensch oder Maschine? Das ist die Frage, die die VG Wort derzeit umtreibt. Die Verwertungsgesellschaft nimmt die Interessen von Autoren wahr und richtet ihr besonderes Augenmerk auf die Urheberrechte. Jährlich wird ein zweistelliger Millionenbetrag an Autoren ausgeschüttet, der zustande kommt, weil die Hersteller von Kopierern, DVD-Brennern, MP3-Playern und anderen Reproduktionsgeräten Gebühren an die VG Wort entrichten müssen. Doch jetzt will die Bundesregierung das Urheberrecht novellieren – mit der dramatischen Konsequenz, so die VG Wort, dass Geräte-Produzenten künftig wesentlich weniger abgeben müssten und die Inhaber geistigen Eigentums noch kleinere Schecks erhielten. Terminator oder Tolstoi – einer wird siegen.