The winners are … young

Vielleicht fiel die Entscheidung knapp auf der Kippe. Vielleicht bildet sie das Kräfteverhältnis im und um den Kölnischen Kunstverein (KKV) ab, vielleicht den Durchsetzungswillen des Vorsitzenden Wolfgang Strobel. Jedenfalls war es ein Überraschungscoup, als der Kunstverein im Juli kurzfristig zur Pressekonferenz rief, um die neue Direktion vorzustellen: Anja Dorn, 35, und Kathrin Jentjens, 27. Nach dem sehr seltsamen Gerücht, der alte Museumshase Veit Loers sei der Favorit, eine 180-Grad-Drehung.

Mischung aus Experiment und Strategie

Anja Dorn hat in der renommierten Galerie Christian Nagel gearbeitet, die mit der Galerie Daniel Buchholz (der im Vorstand des KKV ist) den erfolgreichen Kreis der Kölner Galerien mit aktuellen Positionen anführt. Sie hat außerdem kuratorische Erfahrung bei der Gruppe »April« gesammelt, die 2001-2004 in Köln ein spartenübergreifendes Programm organisierte; sie war bei »Loch e.V.« aktiv und schreibt für Kunstzeitschriften. Kathrin Jentjens arbeitete im Museum Ludwig, den Kunstwerken Berlin, ebenfalls bei Nagel und zuletzt beim Künstlerstipendium Just in Düsseldorf.

Nun ist der Kölnische Kunstverein nicht irgendeiner. Gegründet 1839, hat er große Zeiten erlebt – allen voran in der Ära Wulf Herzogenrath. Auch Udo Kittelmann (bis 2001) hatte eine Nase für die erfolgreiche Mischung aus Experiment und Strategie. Zuletzt hat Kathrin Rhomberg den Blick nach Osteuropa geöffnet, das Großunternehmen »Projekt Migration« realisiert und mit dem Umzug in die »Brücke« Weichen gestellt. Sie geht Ende 2006, nach Auslauf ihres Fünf-Jahresvertrags, auf eigenen Wunsch. Und der KKV hat ein Problem: Er liegt mit derzeit ca. 1700 Mitgliedern weit unter vergleichbaren.

Abbilden der Praxis

Das erhellt die offizielle Presseerklärung: Dorn und Jentjens sollen den KKV wieder stärker im Zentrum der Stadt verankern und ihm neue junge Mitglieder zuführen. Erreichen wollen sie das durch ein auf die neue Heimat des KKV zugeschnittenes Programm: Man will den »Brücke«-Gedanken (internationaler Austausch) fortführen, und im ganzen Haus (mit Theatersaal und Kino) die Bereiche Musik, Theater, Tanz und Film gleichberechtigt neben Ausstellungen präsentieren, mit einem Akzent auf Medienkunst. Das sei nicht revolutionär, so Anja Dorn im Gespräch, sondern bilde die vorhandene Praxis ab. Dem unterbelichteten Komplex »Kunst und Fernsehen« will man eine Ausstellung plus Symposium widmen, Archive vorstellen, das Atelierprogramm internationalisieren und die Central-Kunstpreis-Träger stärker einbinden.

Ein Teil der Kölner Szene – von KHM bis a-Musik – wird sich freuen, im Kunstverein ein Forum zu finden, und ein Generationswechsel ist erfreulich. Was die überregionale Ausstrahlung des KKV betrifft, bleibt zu hoffen, dass man sich nicht mit provinziellem Erfolg begnügen wird.


Kölnischer Kunstverein in der Brücke, Hahnenstr. 6, Di-So 13-19 Uhr.