Marcus Schmickler

Stimmen, viele Stimmen. Unzählige, so will es einem scheinen. Die Musik wirkt bedrohlich nicht durch schiere Überwältigung, sondern weil die vielen Stimmen sich mehr und mehr und mehr verschränken – sich schichten und verzahnen, ineinander greifen. Es hat etwas von einem Bienenschwarm, der sich als immer dunkler werdende Wolke auf einen zu bewegt. Aber Halt: Dies ist keine »bösartige«, keine »dunkle« Musik, die Bedrohlichkeit resultiert allein aus Komplexität. Wer sich auf sie einlässt, kann regelrecht in die Musik abtauchen (keine Hippie-Fantasie, sondern reales Klangereignis).

Selfmademan, kein Autodidakt

»DEMOS«, die neue CD des Kölner Komponisten und Produzenten Marcus Schmickler, versammelt drei Stücke, in de­ren Mittelpunkt die menschliche Stim­me steht, genauer: die einzelne Stimme, aufgehoben im Chor. Zwei Stücke entstammen Weimarer Theaterproduktionen; das Opus Magnum der CD ist »DEMOS« selbst, ein auch in Köln aufgeführtes Werk.
Marcus Schmickler ist ein Selfmademan – kein Autodidakt! Komposition hat er an der Kölner Musikhochschule studiert. Selfmademan meint hier vor al­lem, dass seine Musik (es sind de facto Musiken: Schmickler macht neben Neuer Musik Pop, auch mal Techno, hat in Improvisations­ensembles ge­spielt, produziert andere Musiker) von gro­ßer Unabhängigkeit und in­nerer Freiheit bestimmt ist. Schmickler ist keiner Kompositionsschule zugehörig, seine Improvisationen folgen keinen bekannten Idiomen, sein Pop ist hochartifiziell und eklektizistisch. Die Musik folgt jeweils ganz ihrer eigenen Logik.

Übersetzung von Sprache in Musik

Die Komposition »DEMOS« ist im Kern eine Untersuchung der Frage, inwiefern sich Sprache in Musik übersetzen lässt kann. Schmickler bezieht sich konkret auf Äußerungen Nietzsches, die auch ein zentrales Moment der Chor-Artikulationen aus­machen. Diese Sprech-Aktionen reiben sich an harscher, undurchdringlicher elektronischer Musik. Als gälte es, die Grundfrage des Stücks durch eine instrumentale (also: nicht-sprachliche) Aggressivität zu konterkarieren. Ein Konflikt, wie er spannender kaum inszeniert sein könnte.

Infos
Tonträger: Marcus Schmickler,
»DEMOS (for choire, quintet and
electronic music)« ist bereits auf
a-Musik erschienen.
Konzert: Schmickler Solo, Fr 26.1.,
Basilika St. Aposteln, 22 Uhr, im
Rahmen der »Zivilisation der Liebe«