Fermin Muguruza: Nola?

Das ist natürlich eine charmante Idee, Mestizo-Punk dorthin zu verlegen, wo Musik schon immer explizit synkretistisch, vermischt, unkontrolliert, kurz: »mestizohaft« war: nach New Orleans. Fermin Muruguza hatte diesen Geistesblitz vor zwei Jahren.

 

Muruguza ist eine Ikone des linken baskischen Widerstandes gegen spanischen Post-Faschismus: jedes Album ein Manifest. Bisweilen hat seine Musik darunter gelitten, aber in über dreißig Jahren hat er sich aus Punk, Ska, HipHop und Dub einen scharf gezeichneten Kanon des Protests und der Dissidenz erarbeitet. Wer keinen Spaß mehr an Ironie findet, sollte es mal mit Muruguza versuchen. Hier ist jeder Akkord so gemeint, wie er gespielt wurde, und das kann sehr wohltuend sein.

 

Wie wenig dogmatisch er seinen Punk versteht, wird in dem letzten Jahr veröffentlichten New-Orleans-Projekt deutlich: auf »Nola?« (heißt »Wie?« auf baskisch, steht aber auch für »New Orleans, Louisiana«) lässt er Jazz-, Karnevals- und Aktivistenmusiker seine Gassenhauer interpretieren. Und die spielen sie mit so liebevollem Schwung und rüpelhaftem Respekt, dass man den Atem anhält: Was steckt da nicht alles in der Musik! Nichts an diesen Interpretationen wirkt auf-gesetzt, und Muruguza selbst, auch schon über 50, knurrt und bellt sich mit zweiter Luft durch die Stücke.

 

Welche Dimension die Musik noch hat, wird in dem gleichnamigen Film deutlich, den Muruguza während der Aufnahmen in New Orleans drehte und in dem ausschließlich die einheimischen Musiker zu Wort kommen: Sie sind die Fürsprecher einer verwundeten, gedemütigten Stadt, der nicht nur ein verheerender Hurrikan noch immer in den Knochen steckt (»Katrina«), sondern die seitdem zum Labor brutaler Gentrifizierung wurde. Zehntausende Hurrikan-Vertriebene konnten nicht zurück in die Stadt, Viertel wurden abge-rissen, der soziale Wohnungsbau guillotiniert, die Armen verleumdet. Widerstand dagegen bündelt sich nicht zuletzt in der Musik. Davon erzählt »Nola?« und bringt in ruhigen Bildern die Würde und Souveränität der Musiker zum Ausdruck.

 

Dieser Film ist jetzt in Köln zu sehen. Welches Festival kriegt den Arsch hoch, auch die Band auf hiesigen Bühnen zu bringen?