Gerüttelt, nicht gerührt

Der Filmpalast zeigt als erstes Kölner Kino Filme in 4-D — wir haben es ausprobiert

Der Horrorfilm »The Tingler« aus dem Jahr 1959 beginnt ungewöhnlich: »Ich fühle mich verpflichtet, Sie zu warnen«, erklärt Regisseur William Castle von der Leinwand aus. »Einige der Sinneseindrücke und physischen Reaktionen, die die Schauspieler auf der Leinwand haben, können zum ersten Mal in der Filmgeschichte auch von Zuschauern in diesem Publikum gespürt werden.« In Kinos, die seinen Film zeigten, hatte Castle unter einigen Sitzen vibrierende Motoren anbringen lassen, um den Zuschauern einen Schrecken einzujagen. Sie sollten glauben, selbst vom »Tingler« (deutsch: Kribbler) befallen worden zu sein, dem titelgebenden Parasiten, der sich im Film ans Rückgrat seiner Opfer heftet.

 

Ein Revival erfährt »Percepto«, wie Castle seine Technik nannte, mit den D-Box-Sitzen, die im Filmpalast am Hohenzollernring seit der Wiedereröffnung im Dezember in zwei der acht Säle installiert sind. Die Idee wurde seit den 50er Jahren selbstverständlich technisch verbessert: Eine speziell auf jeden Film abgestimmte Software steuert kleine Bewegungen des Kinosessels entlang der drei Raumachsen und kann alle möglichen Rüttel-Effekte zur Handlung des Films erzeugen. Billig ist das nicht: Sieben Euro Aufpreis muss man für einen D-Box-Sitz zahlen. 19,50 Euro zahlt man für »Rogue One — A Star Wars Story« in 4-D an einem Donnerstagnachmittag.

 

Der erwünschte Effekt, den Zuschauer stärker in die Handlung hineinzuziehen, stellt sich jedoch nur selten ein. Teilweise irritiert die Bewegung des Sitzes eher. Dieses Problem ist grundlegend: Der Sitz suggeriert, dass man als Zuschauer selbst Akteur der Handlung ist; Filme werden aber nur in einzelnen Szenen aus der Subjektive einer Figur heraus erzählt — es gibt nur wenige Ausnahmen wie »Lady in the Lake« (1947) oder »Enter the Void« (2009). Wenn, wie in einer frühen Szene von »Rogue One«, die Kamera die junge Protagonistin Jyn Erso ruhig dabei beobachtet, wie sie vor imperialen Sturmtruppen davonläuft, aber der D-Box-Sitz mit seinen wackelnden Bewegungen vermittelt, man wäre selber das Mädchen, dann verwirrt diese Mischung und steht der Immersion im Wege. 

 

Gut funktioniert der Effekt hingegen, wenn die Kamera wie ein Raumschiff durch den Weltraum schwebt. Hier vermittelt der D-Box-Sitz tatsächlich eine Ahnung vom Gefühl, schwerelos zu sein. Doch selbst in einer Weltraum-Oper wie »Rogue One« sind solche Momente rar. 4-D wird im Kino also ein Gimmick bleiben wie William Castles Percepto-Technik in den 50er Jahren, zumindest wenn die Filme nicht auf den Effekt hin produziert werden.