netzmusik

von Marco Trovatello (Twitter @marco_t)

»Creative Commons project. New digital single every monday since 2009. Stimulating people to listen, download, share and remix. Love chocolate.« So beschreibt Claudio Gallo, mittlerweile von Rom nach Berlin gezogen, unverändert sein Netlabel Bad Panda Records. Auch wenn es ihm mittlerweile nicht mehr jeden Montag gelingt, eine neue digitale Single rauszuhauen, so ist der immer hochqualitative Output seines Labels seit nunmehr acht Jahren beträchtlich. Zeit also, den bösen Panda nach fast drei Jahren (siehe Stadtrevue 5/2014) wieder zu besuchen. 

 

 

Aktuell zu empfehlen: Schöner Lo-Fi Ambient von Paul Menska aus der Ukraine, der an frühe Tomlab-Releases wie Novisad erinnert; Electronica mit HipHop-Anleihen von Buli aus Südafrika; und ein sehr toller elektronischer Folk-Track namens »Mosuo« des Kolumbianers Barrio Lindo (feat. Wende Wen), der im April in Deutschland auf Tour ist. Ich könnte das endlos weiterführen, fast immer sind die Tracks richtig gut: Spielt man in der Soundcloud-App alle Bad-Panda-Tracks in Folge ab, so entsteht ein mehr als abendfüllender, stimmiger und sehr facettenreicher Mix elektronischer Musik. 

 

 

Den Musikerinnen und Musikern dient die mittlerweile 182.000 Follower starke Bad-Panda-SoundCloud als Promo-Plattform: Wer von Claudio für eine Single-Veröffentlichung ausgewählt wird, darf auf eine Aufmerksamkeitswelle hoffen, denn neben den Tracks verlinkt er auf die Künstlerprofile, auf denen ganze Alben angeboten werden. Doch das Label kuratiert natürlich auch ein eigenes Roster: Veröffentlichungen der Labelstars Dumbo Gets Mad oder Indian Wells finden sich auf badpandarecords.bandcamp.com, die oben besprochenen Singles finden sich auf soundcloud.com/bad-panda-records.

 

 

Marco Medkour und sein Label rec72 (rec72.net) stellten wir bereits in der allerersten Netzwerk im September 2012 vor. Seit 2007 veröffentlicht der Kölner — Phrasenschweinalarm — handverlesene elektronische Musik: Strikte No-Demo-Policy, veröffentlicht wird ausschließlich Musik von Menschen, die er persönlich kennt. Zum Beispiel von Paul Alexander aus Schottland. Als Pandacetamol veröffentlicht er mit »Room for Reflection« bereits sein zehntes Album auf rec72. Einen Hang zum Düsteren hatte der Mann schon immer, doch diesmal hallt und spukt es ganz schön heftig. Medkour verstärkt den Effekt mit seinen Videos: Es ist zur schönen Tradition geworden, dass er selbst die Visuals beisteuert, hier zu »Crept Away«, so etwas wie der Singleauskopplung. Ziemlich genial remixt er auf archive.org gefundenes, skurriles Footage des Dokumentarfilmers Homer Groening aus dem Jahr 1969 zu einem schaurigen Musikvideo (und ja, es handelt sich um den Vater des Simpsons-Erfinders Matt Groening).

 

 

Als wäre das alles nicht genug der Güte, gibt’s mit »Rooftop Hacky Sack« noch ein neues Album der Spiedkiks: Big Beat, HipHop, Turntablism, Samplemania, Breakbeat, Bassmusik, mitten ins Gesicht. In einer besseren Welt hätte diese Köln-Stuttgarter Crew das Beastie Boys-Erbe bereits vollumfänglich angetreten und Fatboy-Slim in den UK-Charts die Nummer Eins auf ewig abgenommen. Kommt mit superschönem dreißigseitigen digitalen Booklet, alles für umme, versteht sich. Verrückt, dieser Medkour — oder?