Kommunisten mit E-Gitarren

Jim Jarmusch feiert im Dokumentarfilm Gimme Danger Iggy Pop und die Stooges

»Gimme Danger« handelt von Kommunisten — jedenfalls, wenn man der Wortwahl der Hauptfigur folgt: Iggy Pop, der inzwischen seinen bürgerlichen Namen James Osterberg bevorzugt. Er benutzt den Begriff das erste Mal, als er von der Anfangszeit seiner Band The Stooges berichtet, deren Mitglieder Ende der 60er in Detroit gemeinsam ein leer stehendes, abbruchreifes Haus bezogen. Ein zweites Mal spricht er vom Kommunismus, als die vorübergehende Wiedervereinigung der Band zur Sprache kommt, die Anfang des Jahrtausends auf einem großen Musikfestival gefeiert wurde. Im ersten Fall geht es darum, dass man alles teilte, als man nichts besaß. Im zweiten Fall darum, allen eine ordentliche Bezahlung zu sichern: Der Rockstar erzählt, er habe selbst ausgehandelt, dass jedem Bandmitglied das gleiche stattliche Honorar gezahlt wurde, das zunächst für seinen Soloauftritt vereinbart worden war.

 

Osterberg, der am 21. April siebzig wurde, stellt das als selbstverständlich dar — und weiß natürlich, dass es das nicht ist. Denn im Laufe der Jahre ist er als Solokünstler berühmter geworden, als die zwischenzeitlich aufgelöste Band es je war. Seiner Spielart des Kommunismus haftet daher zuletzt etwas Gönnerhaftes an. Ein entsprechender leiser Widerspruch schwingt auch in der Aufmerksamkeitsökonomie von »Gimme Danger« mit: Der Dokumentarfilm über die amerikanische Proto-Punk-Band spart zwar die illustre Solokarriere von Iggy Pop konsequent aus und lässt, mit Ausnahme des 1970 ausgeschiedenen und 1975 gestorbenen Dave Alexander, alle ihre Kernmitglieder zu Wort kommen. Doch der ehemalige Frontmann steht unübersehbar im Mittelpunkt. 

 

Durchaus zu Recht: Osterberg ist ein präziser und amüsanter Erzähler, der beispielsweise die Lakonie seiner Songtexte und das Ungestüme seiner Bühnenpersona glaubhaft auf Figuren aus dem Kinderfernsehen der 50er Jahre zurückführt. Dazu passt, wie verspielt Regisseur Jim Jarmusch einzelne Anekdoten mit einfachem Zeichentrick illustriert. Sein Film lebt dennoch ganz genretypisch vom Star-Charisma. Dass Osterberg dazu ein zwiespältiges oder zumindest selbstironisches Verhältnis hat, lässt sich am Ambiente der Interviews ablesen: Manchmal sieht man ihn wie einen braven Hausmann in seiner Waschküche sitzen, vor Stapeln nachlässig gefalteter Wäsche; manchmal hockt er auf einem vergoldeten Sessel, eingerahmt von zwei Totenköpfen, wie das Klischee eines Rockstars.

 

Gimme Danger (dto) USA 2016,
R: Jim Jarmusch, 108 Min. Start: 27.4.