Foto: Manfred Wegener

Wie am ersten Tag

Das nächste Baudesaster steht bevor: Das Römisch-Germanische Museum muss saniert werden und soll sechs Jahre schließen

Der Roncalliplatz könnte beim Leerstand bald mit Porz-Zentrum konkurrieren. Im Dom-Hotel übernachtete seit vier Jahren niemand mehr, im April machte die Köselsche Buchhandlung im Kurienhaus zu, und voraussichtlich muss das Römisch-Germanische Museum Ende des Jahres schließen. Der Brandschutz ist nicht mehr gewährleistet, auch Klima- und Belüftungstechnik sind veraltet. 

 

Seit langem war klar, dass der Bau saniert werden muss. 2011 beauftragte der Rat die Verwaltung und die Gebäudewirtschaft mit der Planung. Man ging von vier Jahren Sanierungszeit aus. Dann die Überraschung: Im Kulturausschusses fanden Ende Juni die Ausschussmitglieder den aktuellen Terminplan auf dem Tisch und konnten sich ausrechnen: In vier Jahren wird das Museum nicht wiedereröffnet werden. Erst 2021 soll die Sanierung beginnen, bis dahin wird geplant. Seit dem 2011 gefassten Sanierungsbeschluss war quasi nichts geschehen. Davon jedoch hatten weder die Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach noch Vertreter der Gebäudewirtschaft einen Ton gesagt — auch nicht, als der Rat im Mai über den Kauf eines leer stehenden Kaufhauses als Interimsstandort bis 2021 debattierte. 

 

»Alle Anwesenden haben einen Schock bekommen«, sagt Brigitta von Bülow, kulturpolitische Sprecherin der Grünen. Am 11. Juli ließen die Politiker im Rat Dampf ab. Als »unglaublich und schamlos« bezeichnete Ralph Elster (CDU) das Vorgehen der Verwaltung, Ulrich Breite (FDP) sprach von Zumutungen, die man sich nicht mehr länger bieten lasse. CDU, Grüne, FDP und die Ratsgruppe Gut wollten das Projekt der Verwaltung entreißen und in die Hände eines Totalunternehmers legen, der Bau und Planung komplett übernimmt. 

 

»Vier Jahre Planungszeit sind zu lang«, sagt von Bülow. Der CDU schwebt sogar vor, das Haus bei laufendem Betrieb zu sanieren, Feuerwehrleute sollen den Brandschutz gewährleisten. Nach einer Unterbrechung der Ratssitzung präsentierte eine kleinlaute Verkehrsdezernentin Andrea Blome, die den scheidenden Baudezernenten Franz-Josef Höing vertrat, eine geänderte Vorlage. Nun darf die Verwaltung mit ersten Planungen beginnen und Aufträge vergeben. Sie muss dem Rat zur nächsten Sitzung die Vor- und Nachteile verschiedener Vergabemodelle zur Entscheidung vorlegen. 

 

Der Eklat ist kaum verwunderlich. Dass öffentliche Gebäude nicht instand gehalten werden und zum Teil heruntergekommen sind, ist zwar keine Neuigkeit. Doch die Probleme treten nun immer deutlicher zutage. Im Juli wurde ein Gebäude des Barbara-von-Sell-Berufskollegs in Nippes wegen Einsturzgefahr gesperrt. Die Dauerausstellung im Stadtmuseum schloss Ende Juni wegen eines Wasserschadens für mindestens sechs Monate, Schuld war eine provisorische Luftbefeuchtungsanlage — eine moderne Klimaanlage gibt es nicht. Und nun soll das Römisch-Germanische Museum sechs Jahre leer stehen, weil die Sanierung jahrelang verschleppt wurde. Technik und Ausstellungskonzept: alles auf dem Stand wie am ersten Tag, als 1974 das Haus eröffnete.  

 

Im Fall der Kulturbauten haben CDU, FDP und Grüne eine Schuldige auserkoren: Sie wollen Kulturdezernentin Laugwitz-Aulbach abwählen. OB Henriette Reker kündigte an, die Zuständigkeit für Kulturbauten dem Baudezernat zu übertragen.  Die Reaktionen sind verständlich, doch ob und wie schnell aktuelle Bauprojekte davon profitieren können, ist fraglich. Auch wenn das Kulturdezernat als Bauherr in der Verantwortung steht — hätte die Stadt eine funktionierende Gebäudewirtschaft, wäre es nie zu dem Planungsdesaster gekommen. Im Hauruck-Verfahren will Reker die Gebäudewirtschaft über die Sommermonate reformieren. Doch wie sollen der chronische Personalmangel und die schlechte Zusammenarbeit der am Bau beteiligten Ämter in so kurzer Zeit beseitigt werden? Zumal Baudezernent Franz-Josef Höing die Flucht nach Hamburg angetreten hat und ungewiss ist, wann sein Posten wieder besetzt werden kann.

 

»Das große Problem bei den Kulturbauten ist, dass sich die Zuständigkeiten ständig verschoben haben und sich dadurch Verantwortlichkeiten nicht mehr nachverfolgen lassen«, so Martin -Börschel, Chef der SPD-Fraktion. So sei eine »organisierte Unzuständigkeit« entstanden. Die SPD will nun, dass es mit diesen Wechseln — die vor allem von der SPD initiiert wurden — ein für alle Mal vorbei ist und die Bauaufgaben künftig allesamt ins Baudezernat gehören. 

 

Sechs Jahre Schließung — die Pläne der Verwaltung sind fraglos ein Desaster. Darunter haben Touristen, Schüler und nicht zuletzt die Museumsmitarbeiter zu leiden. Doch was kann erhöhter Zeitdruck nun bringen? Börschel wirft CDU, Grünen und FDP vor, mit ihren Forderungen nach einer kürzeren Planungszeit »in die Katastrophe« zu steuern, schließlich sei verkürzte Planung »die Mutter aller Baukatastrophen«. 

 

Lutz Tempel (SPD), Sachkundiger Einwohner im Betriebsausschuss Gebäudewirtschaft, hält eine Sanierung bei laufendem Betrieb, wie ihn die CDU ins Spiel bringt, dagegen für möglich. Allerdings sei dies teurer und dauere länger. Tempel findet es »eigentlich vernünftig«, dass die Verwaltung nun eine so lange Planungszeit ansetzt. »Man hätte allerdings drei Jahre früher anfangen müssen.«