Geregelte Lebensart in der Sicherheitszone: Roncalliplatz an Silvester, Foto: © Stadt Köln

Ausweitung der Krampfzone

Die Stadt Köln will entspannt und friedlich Silvester feiern. 1400 Polizisten und eine Kampagne sollen das garantieren

Franco Clemens hatte die Lacher auf seiner Seite. »Leute«, sagte der Streetworker auf der Pressekonferenz der Stadt Köln zu Silvester 2017/2018, »wir haben das mehrsprachig gemacht — auch auf Deutsch.« Die Stadt Köln will in diesem Jahr mit der Kampagne »Respekt«, die Clemens mit entwickelte, schon im Vorfeld der Silvester-Party um den Kölner Dom klären, was erlaubt ist und was nicht: Böller sollen nicht auf andere Menschen geschossen werden, sexuelle Übergriffe haben keinen Platz und Alkohol soll nur in Maßen getrunken werden. »Wer die offene kölsche Lebensart als Regellosigkeit missversteht, hat in Köln nichts zu suchen«, erklärte Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Fast klang es, als hätte sie dabei vor allem den Karneval im Hinterkopf. In fünf Sprachen samt Erklär-Comics liegen diese Regeln vor. Mithilfe von Sozialarbeitern sollen sie in Kölner und NRW-Flüchtlingseinrichtungen verbreitet, sowie über die Sozialen Medien ausgespielt werden.

 

»Ich freue mich sehr über diese Kampagne, um vom repressiven Fokus wegzukommen«, sagte Franco Clemens. Nach Silvester 2016/2017 hatte er die Stadt Köln und die Polizei für ihre fehlende Kommunikation vor dem Jahreswechsel kritisiert. Rund 600 Menschen mit dunklen Haaren und dunklem Teint wurden mehrere Stunden vor und hinter dem Hauptbahnhof eingekesselt, damit die Polizei ihre Personalien überprüfen konnte. Im Nachhinein konnte die Polizei keine Hinweise darauf finden, dass sich die Menschen zu Straftaten verabredet hatten. »Dadurch ist es zur Verfestigung einer großen Gruppe gekommen«, erklärte Polizeipräsident Uwe Jacob. »Das wollen wir in diesem Jahr ganz anders halten.« Weder auf dem Bahnhofsvorplatz noch im Bahnhofsgebäude ist an Silvester ein längerer Aufenthalt gestattet.

 

1400 Polizisten stellt das Land NRW für den Silvester-Einsatz. Sie sollen auf den Kölner Ringen patrouillieren und gemeinsam mit 400 privaten Sicherheitskräften die »böllerfreie Zone« um den Dom schützen. Diese umfasst nun auch das Areal um die Kreuzblume — laut Stadtdirektor Stephan Keller (CDU) waren im vergangenen Jahr dort Böller abgeschossen worden.

 

In der »böllerfreien Zone«, die zugleich eine alkoholfreie Zone ist, projiziert der Videokünstler Ingo Dietzel die Neujahrswünsche der Kölner auf eine Installation am Roncalliplatz, dazu treten Bands und ein Gospelchor auf.

 

Im vergangenen Jahr sollte die Silvesterfeier nach der sexualisierten Gewalt von Silvester 2015/2016 positive Bilder von Köln in die Welt senden. Und auch diesmal geht es zuerst um Imagepflege. Man solle doch bitte die Presseberichte mit der Wiederholung der Bilder von Silvester 2015/2016 zu den Akten legen, empfahl OB Reker. »Ich würde mir wünschen, dass wir nicht jedes Jahr eine Pressekonferenz machen, sondern dass wir allmählich zur Normalität zurückkehren.« Dafür ist allerdings nicht die Presse verantwortlich, sondern sie, ihre Verwaltung und ihre Partner, die Köln seitdem regelmäßig in eine Sicherheitszone verwandeln.