Wie wir leben wollen: Köln startet eine Jugendbefragung I Abbildung: Stadt Köln

15 Minutes of Shame

Im Februar wurde Köln als erste Millionenstadt in Deutschland mit dem Siegel »Kinderfreundliche Kommune« ausgezeichnet. Damit erweckt die Stadt medienwirksam den Eindruck, das Ziel sei bereits erreicht und Kinder und Jugend-liche würden als Akteure im urbanen Leben bereits ernst genommen. In Wirklichkeit hat die Stadt das Siegel nur von Unicef und Deutschen Kinderhilfswerk bekommen, weil sie sich zu einem Aktionsplan und regelmäßigen Prüfverfahren bekennt. Alles also nur eine Farce?   

 

Das wird sich zeigen. Fest steht aber schon: Die Stadt lässt es ge-mächlich angehen und beginnt erst einmal damit, die vermeintlichen Bedürfnisse von Kindern abzufragen. In einer Online-Befragung werden seit dem 9. April rund 70.000 Jugendliche zwischen 14 und 21 Jahren aufgerufen, ihre Meinung zu äußern: An welchen Orten der Stadt fühlen sie sich wohl? Welche Vorschläge zur Verbesserung haben sie? Wie steht es um Möglichkeiten zum Ausgehen, fährt die Bahn oft genug und gibt es ausreichend unterschiedliche Sportangebote? Noch bis zum 3. Juni können Interessierte anonymisiert auf diese Fragen antworten — und ihren »Teil zur Verbesserung un-serer Stadt« beitragen. Sagt jedenfalls die Stadt.

 

Für Oberbürgermeisterin Henriette Reker ist die Jugendbefragung schon jetzt »eine große Chance«: Die Ergebnisse sollen künftig in politische Entscheidungen eingehen, sagt sie. Das klingt gut, doch wie das konkret aussehen soll, bleibt unklar — auch bei einem Blick auf die Webseite der Befragung. Die Ergebnisse würden nach Abschluss der Erhebung in politischen Gremien diskutiert, heißt es dort. Außerdem sollen sie in den nächsten Kinder- und Jugendförderplan eingehen. Dass der erst im Jahr 2021 erscheint, wird nicht erwähnt.

 

»15 Minuten für deine Stadt«, wie die Jugendbefragung beworben wird, pädagogisch wertvoll aufbereitet und im grafischen Chic à la Roy Lichtenstein. Sogar Freikarten für Kinos, Konzerte und die »Video Days«, einem Youtuber--Festival, winken als Gewinne. Sieht so ernst gemeinte Beteiligung von Kindern und Jugendlichen aus?

 

 

Mehr Infos auf: jugendbefragung.koeln