Worum es wirklich geht

Das Festival Besonders Wertlos widmet sich den Abseitigkeiten der Kinogeschichte

Seien wir ehrlich: Besonders Wertlos ist Kölns einziges bedeutendes Filmfestival. Es ist so liebens-, verehrungs- wie unterstützungswürdig, weil es sich dafür interessiert, wie man die Werke zu sehen bekommt. Wer sonst zeigt alles, was analog geschaffen wurde, auch ganz korrekt von Filmkopien? Niemand. Um diese Art von Sorgsamkeit aber geht es bei wahrer Filmkultur. Das Festival findet dieses Jahr nicht wie sonst im Frühling, weil Felix Seifert und Kai Krick das ganze Jahr gehofft haben, dass die 35mm-Projektoren in den Lichtspielen Kalk betriebsbereit sein würden, um so den 20. Durchgang gebührend zu feiern. Das Ganze verzögerte sich, und nund hat der Ordnung halber das Festival die Nummer 19 ½ in der offiziellen Zählung.

 

Am Programmprofil hat das natürlich nichts geändert: Alles geht, alles darf. Und so findet sich neben Rödelschlamperich Hubert Franks deliziösen Olivia-Pascal-Sexploiter »Die Insel der tausend Freuden« (1978) reife Weltfilmkulturkanonkunst in Gestalt von Paul Wegener & Carl Boeses »Der Golem, wie er in die Welt kam« (1920); Niegesehenes wie Robert Sigls eigene Fassung seines Teen-Horror-TV-Juwels »Hepzibah« (2010) neben Evergreens des Grotesk-Verwegenen wie Thilo Gosejohanns avant-la-lettre-Abrechnung mit dem ganzen Superheldenkinowahnsinn, »Captain Cosmotic« (1998); und ein genuiner Hoffnungsträgern mit KHM-Bringer Tilman Singer (»Luz«, 2018; formalismenfreundlicher Besessensheitshorror) neben auteurs, die in einer ausgewogen-verspielt-vorwitzig-experimentierfreudig gedachten Filmgeschichtsschreibung Fast-Zentral-Gestalten wären wie etwa Frank Wisbar (»Marschier oder krepier«, 1962: Legionsexistenzialismus), Edwin Zbonek (»Der Henker von London«, 1963: Grand Wallace Guignol), Rolf Olsen (»Der Arzt von St. Pauli«, 1968: melancholisches Seemannsgarn), Ulli Lommel (»Der zweite Frühling«, 1976; Mai-Dezember-Tränendrüsenausquetscher), oder Walter Bockmayer (»Kiez«, 1987; schön schmieriger Heimatexploiter) neben. Film in seiner ganzen Breite! Kino als Haltung zur Welt! So solls sein!