Tanzen Schweizer unsymmetrisch?

Ein Name wie in Stein gemeißelt: Klaus Johann Grobe. Das Schweizer Kraut-Duo versteht sich aber nicht auf Erdenschwere, sondern auf verflüssigten Groove

Wenn es um Pop geht, scheiden sich bei der Schweiz die Geister. Die einen bringen DJ Bobo vor, um darauf zu verweisen, dass die Schweiz popmusikalisch aus guten Gründen wenig auf der Bildfläche erschienen ist. Andere verweisen auf Grauzone, Kleenex, Taxi oder Yello. In den letzten vier Jahren haben sich noch zwei weitere Schweizer Musiker in den Fokus gespielt. Als Klaus Johann Grobe sorgten Sevi Landolt und Daniel Bachmann mit ihrem Debüt »Im Sinne der Zeit« (2014) für spitze Ohren, aber erstmal im nicht-deutschsprachigen Ausland. In England konnten sie live überzeugen, beim Chicagoer Label Trouble In Mind wurde daraufhin das Debüt-Album, was vorher in Eigenregie rauskam, neuaufgelegt.

 

Mit retromanischem (nicht räto-romanischem) Sound aus Orgel, Schlagzeug, Bass und deutschen Texten surfte man auf der letzten Kraut-Welle, da war das Duo in Deutschland noch absoluter Geheimtipp. Auf ihrer neuen Platte »Du bist so symmetrisch« haben sie den Sound jedoch nochmal auf links gedreht: Tanzbarer, intensiver, schnittiger, aber auch poppiger, klingt das Album, es gerät schnell in heavy rotation. Wer sich an Air oder Metronomy erinnert fühlt, der liegt nicht ganz daneben. »Das sind natürlich beides Bands, die wir extrem gut finden«, erzählt Daniel Bachmann am Telefon.

 

Man gewinnt den Eindruck, dass Tanzbarkeit ein größerer Faktor ist, als auf den früheren Aufnahmen. Ist das par accident passiert?

 

Auf dem neuen Album haben wir im Gegensatz zu früher alles sehr bewusst gemacht. Wir haben einige Monate nach dem richtigen Sound gesucht und in verschiedene Richtungen experimentiert. Als wir dann das erste Demo zu »Discogedanken« hatten, war klar: »Das ist es, so muss das neue Album klingen!« Ans Tanzen haben wir da noch gar nicht gedacht.

 

Euer Pressetext sagt, dass ihr ein R’n’B-Album aufgenommen hättet...

 

Das ist kein Witz! Wir haben letztes Jahr viel R’n’B gehört. Sachen wie Anderson.Paak hauen uns aus den Socken. Diese Mischung aus extrem entspannt und wahnsinnig präzise fasziniert mich sehr und war auch inspirierend für das Album.Der Sound, die Instrumentation, das Feeling, die Songs, es ist einfach alles perfekt! Da haben wir uns gefragt, wie zum Kuckuck bekommt man so einen Sound?

 

Das heißt, ihr seid von der Live-Aufnahme als Prinzip weg?

 

Da wir unsere Songs schon immer zu zweit aufnehmen, konnten wir noch nie Live als Band aufnehmen. Aber man könnte durchaus sagen, dass wir bei dieser Platte mit einigen Tabus gebrochen haben, um diesen modernen Sound zu bekommen. Da wurde ordentlich dran rumgeschnibbelt und geschliffen.

 

Ihr seid jetzt »Disco«, vorher wart ihr »Kraut«. Die Frage ist ja, ob ihr euch überhaupt wohl fühlt mit solchen Labels.

 

Wir wären nicht da, wo wir jetzt sind, wenn wir nicht in diese Psychedelic-Kraut-Welle gerutscht wären. Das hat uns in England und den USA einen schönen Bonus gebracht. Ich will mich also nicht beklagen. Manchmal ist mir aber auch unwohl dabei, weil wir nie wirklich eine Kraut-Band waren und man fast meinen könnte, wir hätten uns da hinein gemogelt.

 

»Kraut« ist auch ein Begriff, der gebraucht wurde, um die musikalische Landschaft in Deutschland zu beschreiben, die vor 50 Jahren das erste Mal auf der weltweiten Pop-Bühne erscheinen konnte. Ist das für Schweizer eigentlich off?

 

Es war ja auch schon in den 70ern so, dass der Begriff »Krautrock« von außen definiert wurde. Nun hat es — besonders in England — ein Revival gegeben, und da galten wir dann als »echt«, weil wir auf Deutsch singen. Dass man da nicht so genau hinschaut, wo wir herkommen, finde ich noch witzig, und irgendwie passt es ja auch zu diesem leicht verklärten Blick auf Kraut. Aber auch davon abgesehen, wäre ich froh, wenn Landesgrenzen wieder weniger wichtig würden.

 

Wie siehst du denn das Musikland Schweiz überhaupt dargestellt?

 

Die Schweiz hatte einen kurzen Höhenflug Anfang der 80er, als die Jugend sich hier erstmals zu Wort gemeldet hat. Bands wie Grauzone und Kleenex waren plötzlich eigenständig und strahlen bis heute noch in die Welt hinaus. Danach ist meines Wissens nicht viel passiert. Aktuell finde ich es wieder sehr spannend. Es gibt viele Musiker und Bands mit Charakter, die selbstbewusst in die Welt hinaus gehen. Und mit Blind Butcher, die gerade fast täglich irgendwo spielen, hat die Schweiz die besten Botschafter, die man sich wünschen kann!

 

Hattet ihr denn den Eindruck, dass ihr als Band vielleicht sogar zu international für einen deutschsprachigen Markt kling?

 

Uns interessiert es tatsächlich nicht, wie international wir sind. Wir machen unser Ding und freuen uns, wenn das jemand hört. Konzerte spielen wir dort, wo wir gefragt werden. Ich glaube, gerade in Deutschland werden wir sehr gut verstanden — als das was wir sind. Wahrscheinlich versuchen die meisten Bands, einen internationalen Sound zu haben. Aber ob es dazu überhaupt ein Rezept gibt?