»Green Book«

Peter Farrelly erzählt gefällig von einer ungewöhnlichen Freundschaft

»Green Book« basiert auf der Geschichte zweier ungleicher Männer, die Anfang der 1960er Jahre gemeinsam die USA bereisten: Don Shirley war ein klassisch ausgebildeter Pianist, der mit ebenso hochtrabender wie gefälliger Klassik-Jazz-Fusion bekannt wurde; Frank Vallelonga diente ihm auf Tourneen als Bodyguard, Chauffeur und Roadie. Im Hauptberuf war der Italoamerikaner, nach Anfängen als Müllmann, Rausschmeißer in New Yorker Nachtclubs und später Schauspieler unter anderem in »The Sopranos«. 

 

Vallelongas Sohn hat diesen Film mitgeschrieben und koproduziert. Er beteuert, dass »Green Book« die Beziehung der beiden mittlerweile verstorbenen Männer wahrheitsgetreu wiedergebe. Dagegen behauptet ein Bruder Shirleys, dass die Freundschaft der beiden, in die der Filmplot mündet, reine Erfindung sei und dass der afroamerikanische Musiker ganz gezielt — als emanzipatorische Geste — einen Weißen zu seinem Bediensteten gemacht habe. 

 

Tatsächlich lenkt Peter Farrellys Regie die Aufmerksamkeit auf den Trotz, mit dem Frank zunächst jede Ergebenheit verweigert. Nachdem er als verbohrter Rassist eingeführt worden ist, lädt es natürlich zur Schadenfreude ein, wenn der Prolet aus Geldnot plötzlich einem Schwarzen dienen muss. Vielleicht hat Farrelly realisiert, dass dies kein Motiv ist, um Arthouse-Kinogänger in ihrer Progressivität zu bestätigen. Jedenfalls lässt er die in Großaufnahmen aufgeworfene Frage, wann Frank sich zum Tragen von Dons Koffern bereit finden wird, dramaturgisch wieder versanden. 

 

Don ist derweil als tragische Figur angelegt: Farrelly deutet an, dass der Snobismus dieses genialischen, hochgebildeten Mannes ein Protest gegen den Rassismus ist, der vor allem auf den Tourneestationen im tiefen Süden lebensbedrohlich werden kann. Ebenso ist zu erahnen, dass der Snobismus nur ein Grund ist, warum Don anderen Afroamerikanern entfremdet ist. Burleske Dialoge bestätigen die Zuschauer derweil in dem Wissen, das sie Frank voraushaben: dass nämlich Hautfarbe nicht essentialisiert werden darf. 

 

Umso auffälliger ist, wie ungehemmt »Green Book« Stereotype italoamerikanischer Hemdsärmeligkeit einsetzt. Das passt zu einem Jonglieren mit Attributen struktureller gesellschaftlicher Benachteiligung, das letztlich so virtuos und geschmeidig erscheint wie Dons Klavierspiel. Allerdings kann man dieses gefällige Feelgood-Movie auch ebenso lauwarm finden wie jenes aus der Zeit gefallene Geklimper seiner Hauptfigur. 

 

Green Book (dto) USA 2018, R: Peter Farrelly, D: Viggo Mortensen, Mahershala Ali, Linda Cardellini, 131 Min. Start: 31.1.