Ventil und Möglichkeit

Der Jazzbassist David Helm wendet sich als Marek Johnson dem gut informierten Vintage-Pop zu

Zu viel akademisches Hintergrundwissen sei der Popmusik nicht zuträglich, lautet ein landläufiges Gerücht. Lauscht man den vier Songs der ersten EP von Marek Johnson, kommt man zu einem anderen Urteil. David Helm, der Protagonist des unter dem Namen einer fiktiven Person musizierenden Trios, ist studierter Jazz-Bassist. Ein Aktivposten der Kölner Szene, der in zahlreichen Projekten, viele davon veröffentlicht auf dem Label Tangible Music, die junge Jazzszene der Stadt mitprägt.

 

Nun macht er allerdings erstmals in Pop und hat dafür die Rollen gewechselt: Als klassischer Singer/Songwriter übernimmt er Gesang und Gitarre und lässt sich dabei von seinen langjährigen musikalischen Weggefährten Dominik Mahnig am Schlagzeug und Thomas Sauerborn am Bass unterstützen. Das Ergebnis ist aber mitnichten ein muckerig verkopftes Crossover-Gefrickel, sondern Vintage-Pop, dem man die Versiertheit seiner Schöpfer zwar anhört, der aber dennoch auf leichten Schwingen daherkommt. »Ich war immer schon mehrgleisig unterwegs, was Musik angeht«, erklärt Helm, »Chor und Oper neben Garagenband, klassisches Klavier neben Jazzkeller. Über die Jahre wurde dann einfach der innere Drang, die Songwriter-Seite in mir auszuleben immer größer.« 

 

Probleme, sich in das Korsett klar konstruierter Popsongs zu begeben, scheint er nicht zu haben: »Die Konstruktion sollte ja zur bestmöglichen Projektion der Aussage des Songs beitragen; von daher ist es eigentlich nur dann schwierig, wenn ein Song sich noch nicht gut oder richtig anfühlt. Dann wird eben weiter gebastelt.« 

 

Die Referenzen, die einem beim Hören der vier Songs in den Kopf springen, führen aber allesamt in eine äußerst geschmacksichere Richtung. Beim gradlinigen Opener »Pathetic People« denkt man etwa an die 60ties-Anleihen von Karl Wallingers World Party, das psychedelisch verstrahlte »Work It Out« kommt mit seiner verschlungenen Melodie und den offenen Schlagzeugwirbeln eher arty daher.

 

Die Texte machen dabei einen großen Teil des Kuchens aus: »Sie sind für mich ein Ventil und eine Möglichkeit, Dinge aus meiner Sicht anzusprechen und kritisch zu beäugen«, so Helm, »sei es persönlich, gesellschaftlich, auf abstrakte oder plakative Art.« Man hört, dass David Helm sich als Marek Johnson nicht nur musikalisch, sondern auch persönlich öffnen möchte. 

 

Tonträger: »Stay Low«, tangible-music.net