Absichtlich mausgerutscht

Umweltdezernent Harald Rau schimpft auf die Kölner Verkehrspolitik. Darf er das?



In der Kölner Politik stolperte man bisher über Klüngel und Hinterzimmerdeals. Außerhalb der Stadtgrenzen stürzen öffentliche Akteure längst digital: Unbedachte Aktivitäten in sozialen Netz­werken haben schon manche Karriere beendet. Jetzt könnte Kölns Umwelt- und Sozialdezernent Harald Rau über einen Like stolpern.

 


Der ADFC Köln hatte in einem Facebook-Post die Ergebnisse seines »Fahrradklimatests« vorgestellt. Köln ist dort Schlusslicht, die Fahrrad-Lobbyisten kritisierten die Verwaltung. Wo jemand die Stadtspitze kritisiert, ist die Opposition nicht weit: Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Andreas Pöttgen, sah dies als »erneuten Beweis dafür, dass die Stadtverwaltung zu wenig für den fahrradgerechten Umbau unserer Stadt tut«. Der parteilose Rau, der auf Vorschlag der Grünen im Amt ist, drückte unter Pöttgens Beitrag auf »Gefällt mir«.

 


Es ist nicht das erste Mal, dass Harald Rau von der Verwaltungslinie abweicht. Er forderte etwa eine City-Maut und schloss Dieselfahrverbote nicht aus. OB Henriette Reker pfiff Rau mehrfach zurück. Auch weil ihm in Köln der Gestaltungsspielraum fehlte, wollte Rau zwischenzeitlich Oberbürgermeister in Offenburg werden, verlor aber die Wahl.

 


Vor allem die Kölner CDU, aber auch vereinzelt grüne Ratsmitglieder reiben sich mittlerweile an dem Dezernenten, der zwar von ihnen bestellt wurde, aber mit Kritik auch vor dem schwarz-grünen Bündnis nicht Halt macht. Deshalb, so hört man, fordere vor allem die CDU, Reker solle den widerspenstigen Dezernenten endlich »einfangen«.

 


Als oberster Verwaltungsangestellter für das Thema Umwelt setzt Rau Luftqualität, Klima- und Gesundheitsschutz an erste Stelle. Deshalb fordert er, dass seine Kollegen im Radverkehr einen besseren Job machen. Natürlich geht Raus neuerliche Kritik an die Adresse von Verkehrsdezernentin Andrea Blome, die es nicht eilig hat mit der Verkehrswende. Den Dissenz von Rau und Blome aber muss die Stadtspitze aushalten können.

 


SPD-Mann Pöttgen findet Raus Like unter seinem Beitrag »cool«, weil Rau auch die eigenen Reihen von Kritik nicht ausnimmt. Den Beleg, wie unüblich das in Köln ist, liefern die Sozialdemokraten gleich mit. Sie nutzen Raus Zustimmung, um im schwarz-grünen Bündnis zu zündeln. Das erklärt auch Kölns Platz bei der Luft­qualität oder im Fahrrad-Ranking: ganz am Ende.