Stabil sind hier nur die Streitigkeiten: Kalkberg in Buchforst, Foto: Boris Sieverts

Noch ein Absacker

 

Der Streit um den Kalkberg spaltet nun auch ­

die Verwaltung

 

Es sind nur Rettungshubschrauber. Aber in Köln einen Start- und Landeplatz für sie aufzutreiben, ist für die Kölner Verwaltung unmöglich. Mitte Juni gab Stadtdirektor Stephan Keller (CDU) die Ergebnisse eines Rechtsgutachtens bekannt, das drei Standorte untersuchte: alle ungeeignet. Am Krankenhaus Merheim sei die Wohn­bebauung zu nahe, der Flugplatz Kottenforst liegt im Naturschutz­gebiet, am Köln-Bonner Flughafen fürchtet man den Protest von ­Fluglärmgegnern.
K.O.-Kriterien sind das nicht. Dennoch hält Keller den Kalkberg für die beste Lösung. Auf der ehemaligen Chemie-Deponie in Buchforst steht die fast fertig gebaute Hubschrauberstation. Doch 2015 sackte der Berg ab, im Gebäude taten sich Risse auf, Hänge drohten abzurutschen. Der Stadtrat ver­häng­te einen Baustopp und forder­te die Verwaltung mehrfach auf, alternative Standorte zu prüfen. Seit fast vier Jahren wird der Kalkberg nun saniert — der Auftrag zur Haldenstabilisierung sei erfüllt, so Keller. »Vor dem Hintergrund der vorgelegten Gutachten ist der Standort Kalkberg auch ­realisierbar und im Gegensatz zu möglichen Alterna­tiven in einem überschaubaren Zeitraum von sechs bis 12 Monaten fertigzu­stellen.«

 


Doch der Stadtdirektor weiß, dass er das nicht durchsetzen kann. Lokalpolitiker misstrauen insbesondere der Feuerwehr. Es ist unwahrscheinlich, dass der Rat am 9. Juli Keller folgen wird. Grüne, SPD und Linke haben sich gegen den Standort Kalkberg ausgesprochen. »Der Stadtdirektor muss jetzt nachbessern«, sagt Ralf Unna von den Grünen. »Was die Verwaltung uns vorlegt, entspricht nicht dem Geist des Ratsbeschlusses. Wir wollten einen anderen Standort, und wir wollten ein transparentes Vorgehen.« Laut Beschluss hätte die Verwaltung den zuständigen Ausschüssen den Gutachter vorstellen und alle zwei Monate Zwischenberichte vorlegen müssen. Beides ist nicht geschehen. »Schon wieder hat sich die Arbeit hinter verschlossenen Türen abgespielt«, sagt Boris Sieverts von der BI Kalkberg. »Für uns besteht kein Anlass, dem Gutachten zu vertrauen.«

 


Sowohl Unna als auch die Bürgerinitiative halten den Flughafen Köln-Bonn für die beste Lösung. Dort sind die Hubschrauber nun schon seit elf Jahren stationiert, ohne Probleme. Sollten zwei Hubschrauber mit durchschnittlich sechs Einsätzen am Tag gegenüber mehr als hundert Nachtflügen des normalen Flugbetriebs tatsächlich den Protest der Fluglärmgegner auf sich ziehen? »Wenn man den Standort am Flughafen wirklich will, bekommt man ihn auch«, so Unna. In der Verwaltung malt man nun ein Schreckensszenario: Wenn der Rat den Kalkberg verwerfe, hört man, gebe es nur noch eine andere Option: Köln ver­liere die sogenannte Kernträgerschaft. Die Hubschrauber wä­ren dann im Rhein-Erft- oder im Rheinisch-Bergischen Kreis ­stationiert. Verletzte müssten länger warten.

 


Auch Kalkberg-Gegner nutzen die Kernträgerschaft als Druckmittel. »Wenn die Verwaltung es nicht schafft, andere Standorte zu präsentieren, müssen wir über den Entzug der Kernträgerschaft nachdenken«, so Unna. Für den Kölner Rettungsdienst wäre das ein Pres­tigeverlust.
Das Rechtsgutachten zu Alternativstandorten liegt seit Anfang des Jahres vor. Die Stadt aber hielt es zurück. Das Problem sei komplex, hieß es. Die Verwaltung arbeite an einer umfassenden Sachverhaltsdarstellung, bald werde es Info-Veranstaltungen dazu geben. Die BI Kalkberg mutmaßte, dort würde dann eine einseitige Deutung präsentiert. Nun aber ist von Info-Veranstaltungen keine Rede mehr, die Ergebnisse gehen als schlichte Mitteilung in den Rat. Nicht nur das Misstrauen zwischen Politik und Verwaltung ist groß, auch in der Verwaltung konnte man sich beim Thema Kalkberg nicht einigen. Die Zurückhaltung Kellers lässt sich nur mit dem Veto von OB Henriette Reker erklären. Anders gesagt: Die Kalkberg-Verfechter haben einen Dämpfer bekommen.