Schon vor dem offiziellen Probenbeginn dröhnen laute HipHop-Beats aus dem Hinterhof in der Südstadt. Koray, Alessandro und Gina machen sich mit einer raumgreifenden Breakdance-Choreografie warm. Mal wirbeln sie im Kopfstand über den Boden, mal üben sie synchrone Schrittfolgen, mal laufen sie wie Roboter über die Tanzfläche. Als Regisseur Sebastian Herrmann den Raum betritt, halten sie inne. Heute stehen die ersten szeni­schen Proben für das Shake­speare-Stück »Was ihr wollt« an. Koray, Alessandro und Gina nehmen mit zehn anderen Jugendlichen zwischen 16 und 25 Jahren an dem Projekt »Integration statt Parallelgesellschaft« teil. Das Modellprojekt des Vereins »Planet Kultur« richtet sich an arbeitslose Jugendliche – vorwiegend mit Zuwanderungsbiografie.

»Wir möchten den Jugendlichen einen Weg in den ersten Arbeitsmarkt bieten«, formuliert Leiterin Lisa Mehnert die Ziele. Ein Jahr lang bekommen die Jugendlichen Unterricht in Schauspiel, Tanz und Gesang, zusätzlich müssen sie Mathe, Deutsch, Englisch pauken und nehmen an berufsorientierten Maßnahmen wie Praktika oder Bewerbungstrainings teil. Heute steht das Shakespeare-Stück auf der Tagesordnung, das der Regisseur gemeinsam mit den 13 Jugendlichen aus elf verschiedenen Nationen gerade neu bearbeitet. »Wir verlegen die Handlung in eine Disko, um den Jugendlichen das Stück nahezubringen. Es geht um Träume, Liebe und das, was man sich selbst vormacht.«

»Echt anstrengend«, sagt der 16-jährige Koray, der in Dellbrück wohnt. Er ist seit einem halben Jahr in der Gruppe. »Bin von der Schule geflogen, hab’ viel geschwänzt.« Die Teilnahme an den Planet-Kultur-Kursen ist verpflichtend, darauf legt Lisa Mehnert großen Wert. Bisher hat Koray nur selten gefehlt. »Weil’s echt cool ist.«
Das Projekt schreibt menschliche Erfolgsgeschichten. »Die Jugendlichen haben tragische Biografien«, berichtet Mehnert. Alle haben schlechte Bildungschancen, einige kennen ihre Eltern nicht, andere sind Kriegsflüchtlinge. Auch die Teilnehmer des Vorgängerjahrgangs haben auf der Straße herumgegammelt, die Schule abgebrochen oder Jugendstrafe abgesessen. »Ich hatte keine Perspektive«, erzählt der 19-jährige Ahmet aus Chorweiler, der bis Mitte 2007 bei »Macbeth« mitgespielt hat. Ende vergangenen Jahres hat er einen Ausbildungsplatz als Elektroniker gefunden. »Das habe ich nur Planet Kultur zu verdanken. Jetzt habe ich Hoffnung.«



Info: Planet Kultur

28./29.5., Schauspielhaus, 20 Uhr: »Was ihr wollt« von W. Shake­speare.

Das nächste Projekt beginnt voraussichtlich Mitte August. Jugendliche, die Interesse haben, können sich anmelden unter Tel.: 570 67 32 oder ­
info@planetkultur.de.

Der einjährige Kursus ist eine von der Arge anerkannte Maßnahme zur Berufsorientierung und -qualifizierung. Die Teilnehmer können Arbeitslosengeld II beantragen. Der Verein Planet Kultur existiert seit 2003.