Foto: Manfred Wegener

Frommer Wunsch zum Moscheebau

Der Kölner Rat hat den Bau der Ehrenfelder Zentralmoschee beschlossen

 

 

Der Moscheebau zu Köln hat eine lange Vorgeschichte. Nachschlagen kann man dazu wenig, denn irgendwie haben sowohl Journalisten als auch Politiker das Thema von Anfang an nicht so richtig ernst genommen. Die türkisch-islamische Organisation Di­tib, die ihre Deutschland-Zentrale in Köln hat, legte erste Ideen und Pläne vor, und irgendwie waren sich alle einig, dass der toleranten Stadt Köln ein solches Bauwerk gut tun könnte. Heruntergekommene, improvisierte Hinterhof-Moscheen sind in einer Zeit, wo mehr als jeder zehnte Einwohner in Köln an Allah glaubt, natürlich keine angemessene Möglichkeit zur Ausübung von Religion! Und Islam hat erst mal gar nichts mit Islamismus oder Terror zu tun – genauso wenig wie das heutige Christentum mit früheren Kreuzzügen und Hexenverbrennungen.

Defizit an Kommunikation

Die traute Einigkeit der Demokraten in Sachen Moscheebau aber führte zu einem dramatischen Defizit an Kommunika­tion. Die aber wäre dringend nötig gewesen, um die Bürgerinnen und Bürger frühzeitig auf das Projekt einzustimmen: Das war einfach unprofessionell! Es ist doch völlig gleichgültig, ob ein Einkaufszentrum neu gebaut werden soll, eine katholische Kirche oder ein islamisches Gotteshaus. Immer wird man frühzeitig darüber nachdenken müssen, welche subjektiven Probleme ent­stehen können: Da geht es um Fragen des Straßenverkehrs, um mögliche Lärmbelästigungen, auch einfach darum, wie das Stadt­bild sich verändert. Da mag man darüber streiten, ob ein auffälli­ger Kuppelbau mit hohen Minaretten schön ist – aber so mancher christlicher Kirchenbau im grauen Waschbeton der 70er Jahre würde heute auch nicht die volle Zustimmung in der Öffentlichkeit finden.
All diese Fragen wurden igno­riert, und in dieses Vakuum stießen Agitatoren aus dem rechts­radikalen Spektrum. Viel zu spät wurde der demokratische Diskurs begonnen, das räumen selbst die Kölner Politiker inzwischen klein­laut ein. Köln hat deshalb jetzt ein Problem mit Menschen, die gegen die Moschee wettern, gegen den Islam, und gegen die Mus­lime. Sie verbreiten Vorurteile und vergiften das gesellschaftli­che Klima. Das hätte man vermeiden können – und man sollte es nicht allzu schnell vergessen. Denn die türkisch-islami­sche Organisation Ditib vertritt in Köln zwar viele, aber längst nicht alle Muslime. Es gibt noch zahlreiche Strömungen in dieser Religion, die in unterschiedlichsten Gruppierungen organisiert sind. Die haben immer noch alte Hinterhof-Moscheen, in notdürftig umfunktionierten Lagerhallen, die eigentlich als Provisorien gedacht waren. Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma hat bereits bestätigt, dass mehrere dieser Gemeinden ebenfalls Moscheen errichten wollen, und das diese auch gute Aussichten hätten, genehmigt zu werden. Diese islami­schen Gotteshäuser würden dann wohl kleiner als die jetzt beschlos­sene Großmoschee, aber sicher nicht weniger repräsentativ.

Moscheebau als politisches Kapital

Gerade in einer Zeit, zu der in Nordrhein-Westfalen der Kom­munalwahlkampf beginnt, ist das eine gefährliche Situation: Nicht nur mutmaßliche Rechtsextremisten versuchen, politi­sches Kapital aus dem Engagement gegen Moscheen zu schlagen, sondern offenbar auch Teile der Kölner CDU. Wenn Ratsherr Karl-Jürgen Klipper im Zusammenhang mit dem Moscheebau von einer »Machtdemonstration des Islam« spricht, ist das ärgerlich. Es zeigt aber auch, wie zerstritten und uneinig der Unionshaufen im Rathaus wieder einmal ist. Selbst Oberbürgermeister Fritz Schram­ma und Kulturausschuss-Chef Lo­thar Theodor Lemper wollten bei der Anti-Moschee-Stimmungs­mache nicht mitmachen. Herr Klipper sollte mal vor der eigenen Haustüre kehren: Er braucht ja gar nicht so weit gehen, sich öffentlich zu echauffieren, wenn Kardinal Meisner wieder einmal Hetze gegen Homosexuelle betreibt. Es würde ja reichen, wenn er seine eigene Unionsfraktion im Rathaus mal wieder zu sachlicher Politik treiben würde. Und die Union sollte gar nicht erst hoffen, mit Rechtsaußen-Positio­nen den gefährlichen Populisten das Wasser abgraben zu können! Köln ist eine tolerante Stadt, und das soll sie auch bleiben.

Da klingt der Appell des Ehrenfelder Bezirksbürgermeisters Josef Wirges, man solle das Thema Moscheebauten und Islam doch bitte aus dem Wahlkampf heraus halten, wie ein frommer Wunsch. Trotzdem: Wahl-Ausein­andersetzungen dürfen nicht auf dem Rücken von Menschen ausgetragen werden. Und das Grund­gesetz, das die Religionsfreiheit garantiert, kann auch nicht einseitig für eine Glaubensgruppe ausgehebelt werden.