Fotos: Manfred Wegener

Auf der grünen Kante

Durch die Finanzkrise ist das Interesse an ethisch

und ökologisch korrekten Anlagemodellen gestiegen.

StadtRevue im Gespräch mit der Kölner Finanzberaterin

Heide Härtel-Herrmann

StadtRevue: Woher kommt das gestiegene Interesse an nachhaltigen Investments?

Heide Härtel-Herrmann: Für viele Privatanleger rücken – erst recht seit der Finanzkrise – neben der Rendite weitere Kriterien in den Fokus: etwa, ob die Anlage zu den individuellen Überzeugungen passt. Mit nachhaltigen Investments lassen sich verantwortliches Engagement und gute Renditechancen verbinden. Das hat sich herumgesprochen. Weil die Nachfrage groß ist, haben mittlerweile fast alle Banken solche Angebote im Sortiment. Und der Trend wird anhalten, da nachhaltiges zwangsläufig auch transparentes Investment ist. Das ist die Chance, die in der Finanzkrise liegt. Kleinanleger schauen heute genauer, wohin ihr Geld geht. So kommen ökologisch sinnvolle Investitionen zustande. Manchmal jedoch versteckt sich hinter der Verpackung »Nachhaltigkeit« nur schlichter Opportunismus.

Inwiefern?

Wenn sich neuerdings auch gerade solche Banken beim »grünen Investment« hervortun, die Verantwortung für die Finanzkrise tragen und sich im Vorfeld hemmungslos an aufgeblasenen Produkten bereichert haben, sollte man auf die Wahl des Anbieters achten – vom Inhalt der grünen Produkte einmal ganz abgesehen.

Frauenanteil und Energieeffizienz

Wie funktionieren denn nachhaltige Finanzprodukte?

Der Einsatz des Geldes wird nach ökologischen Kriterien bestimmt, etwa in Aktienfonds, die auf Nachhaltigkeitsbranchen spezialisiert sind, regenerative Energien zum Beispiel. Viele »grüne« Investmentfonds schließen bestimmte Faktoren und Branchen kategorisch aus: etwa Atomkraft, Kinderarbeit, Rüstung oder Gentechnik. Andere Fonds gehen noch weiter und analysieren: Wie ist die Energieeffizienz, wie hoch ist der Frauenanteil in der Belegschaft, wie ist die gewerkschaftliche Organisation, wie werden zuliefernde Betriebe aus der Dritten Welt behandelt usw. Aus den »vorbildlichen« Unternehmen werden dann Anteile in Fonds zusammengestellt. Auch bei Staatsanleihen gibt es solche Kriterien: Wird die Todesstrafe vollstreckt, wird die Atomkraft forciert, wie ist die Sozialpolitik des jeweiligen Landes? Anleihen bestimmter Staaten kommen so nicht in die Fonds.

Haben solche »grünen« Investitionen überhaupt einen Einfluss auf die Wirtschaftswelt?

Das steigende Interesse an Nachhaltigkeitsinvestment übt indirekt Druck auf Unternehmen aus. Denn wenn Investitionen an ökologische Fragen gebunden sind und die Analysten der Fondsgesellschaften nicht mehr nur die Quartalsberichte, sondern auch die Energieeffizienz unter die Lupe nehmen, müssen die Unternehmen ihre Praktiken sorgfältig überdenken. »Grüne« Fondsmanager setzen sich zudem auf den Hauptversammlungen der Unternehmen für soziales und ökologisches Wirtschaften ein. Ich finde es sehr begrüßenswert, wenn in diesen Bereichen etwas mehr gesellschaftliche Kontrolle ausgeübt wird.

Nachhaltige Finanzprodukte sind profitabel

Ab welchen Investitionshöhen werden nachhaltige Investments angeboten?

Da besteht kein Unterschied zum konventionellen Anlagegeschäft. Anlegern steht im Prinzip die gesamte Bandbreite an modernen Finanzinstrumenten zur Verfügung. Man kann für wenige hundert Euro im Jahr eine »grüne« Rentenversicherung abschließen. Bei unternehmerischen Beteiligungen – etwa in Windparks oder bei Solarenergie – gibt es einen gewissen Schwellenwert, den man überwinden muss. Der liegt etwa bei 10.000, manchmal 20.000 Euro. Da sind etwas größere Beträge erforderlich, weil unternehmerische Beteiligungen ein anderes Risiko als defensiv ausgerichtete Investmentfonds haben.

Sind nachhaltige Investments genauso rentabel wie herkömmliche Finanzprodukte?

Es besteht generell kein Widerspruch zwischen dem Wunsch nach Geldvermehrung und ethisch und ökologisch korrektem Handeln. Immer wieder haben Studien alternative Geldanlagen mit konventionellem oder »hemmungslosem« Investment verglichen. Demnach sind nachhaltige Finanzprodukte mindestens genauso profitabel.