Foto: Manfred Wegener

Ohne Frauen kein Frieden

Mit ihrer Organisation Medica Mondiale setzt sich

die Kölner Ärztin Monika Hauser weltweit für

kriegstraumatisierte Frauen ein. Ein Besuch.

Drei Monate nach der Preisverleihung, bei der Monika Hauser in Stockholm den Alternativen Nobelpreis entgegen genommen hat, ist fast schon wieder Alltag eingekehrt in ihrem Büro im Kölner Norden. Von dort koordiniert Monika Hauser die Projekte, dort empfängt sie auch Journalisten.

In letzter Zeit kommen sie vermehrt. Auch wenn sie sich erstmal auf das gestiegene Medieninteresse einstellen musste, freut sie sich sichtlich darüber: »Das ermöglicht wichtige Aufklärungsarbeit.« Das Preisgeld ist schon längst in die Arbeit ihrer Organisation geflossen, vornehmlich in aktuelle Projekte in Bosnien und im Kongo.

Den Alternativen Nobelpreis zu erhalten, sei eine große Anerkennung ihrer Arbeit, sagt sie, aber es sei kein Erfolg, auf dem sie sich ausruhe. Das erlaube ihr Thema auch gar nicht. Und so dauert es keine drei Sätze, bis Monika Hauser bei dem angelangt ist, was sie »ihr Thema« nennt.

Im Dauereinsatz gegen sexualisierte Gewalt

Als sie 1992 in einem Zeitungsbericht über Massenvergewaltigungen während des Bosnien­krieges liest, bricht sie spontan dorthin auf, um ärztliche Hilfe zu leisten. Seitdem ist sie im Dauereinsatz für Frauen, die in Krisenregionen sexualisierte Gewalt erfahren, und kämpft für deren gesundheitliche und gesellschaftliche Rehabilitation.

Mittlerweile beschäftigt die von ihr gegründete Organisation Medica Mondiale weltweit rund 200 Mitarbeiterinnen. In den Zentren von Medica Mondiale in Bosnien, Afghanistan, im Kosovo und in verschiedenen Regionen Afrikas erhalten kriegstraumatisierte Frauen medizinische und psychosoziale Hilfe. Zudem unterstützt der Verein Gewaltopfer juristisch und leistet ökonomische Aufbauhilfe.

Ein Gespräch mit Monika Hauser ist nichts für schwache Nerven. In energischem Ton trägt sie vor, in welchem Ausmaß Vergewaltigungen und sexualisierte Folter Bestandteile von Kriegen sind. Wie das Thema gesellschaftlich marginalisiert werde. Mit welcher Ignoranz die internationale Politik zusehe, wie die Medien traumatisierte Frauen nochmals demütigen, indem sie sie gegen ihren Willen öffentlich vorführen. Das alles in einem Tempo, in dem eine Tasse Kaffee nicht kalt wird.

Auch Peacekeeping-Missionen, die immer noch hauptsächlich auf Männer als Friedenstifter bauen, kommen bei ihr nicht gut weg. »Männer sind diejenigen, die Infrastruktur zerstören, die Frauen an Körper und Seele zerstören und Kinder traumatisieren.« Frauen hingegen würden aufgrund ihrer Lebensverhältnisse wertvolle Kompetenzen entwicklen: »Ohne Frauen ist kein Frieden, und auch kein Staat zu machen«, fasst sie zusammen.

Ruf als unbequemer Charakter

Diese Art von Klartext hat der Menschenrechtsaktivistin mit dem asymmetrischen Kurzhaarschnitt den Ruf als unbequemer Charakter eingebracht. In ihrer Dankesrede in Stockholm machte sie darauf aufmerksam, dass internationale »Friedenssoldaten« in Konfliktgebieten Bordelle aufsuchten und somit Zwangsprostitution jun­ger Mädchen förderten.

Seit Jahren versucht sie sich Gehör beim deutschen Verteidigungsministerium zu verschaffen – bislang ohne Erfolg, das Problem werde kommentarlos übergangen. »Men­schenrechtsarbeit braucht eine hohe Frustrationstoleranz.« Die Chance, dass der Alternative Nobelpreis hier Türen öffnet, schätzt Hauser eher nüchtern ein.

Ärger über Werbeplakat

Geboren in Südtirol und aufgewachsen in der Schweiz, kam sie in den 80er Jahren nach Köln. Als junge Frau habe sie sich hier sofort sehr wohlgefühlt – auch auf Grund der frauenpolitischen Möglichkeiten. Aber auch in ihrer Wahlheimat begegnet ihr Frauenfeindlichkeit. »Sie ist überall. Und ich wehre mich dagegen, sobald ich sie sehe.«

Zuletzt ist ihr eine Werbekampagne eines lokalen Online-Erotik-Portals in der Innenstadt aufgefallen. Eine halbnackte Frau räkelt sich dort lasziv auf den Werbeplakaten und fordert in roten Lettern »Klick mich!«. »Jeden Morgen muss ich mir diese Werbetafel anschauen«, ärgert sich Hauser.

Den offiziellen Empfang der Stadt Köln nach der Verleihung des Alternativen Friedensnobelpreises im Dezember nutzte sie daher, um ihren Unmut auch OB Fritz Schramma (CDU) mitzuteilen. »Aber das Plakat hängt immer noch da. Können Sie das in ihrem Artikel aufgreifen? Ja? Danke.«