Foto: Takahiro Imamura

Animal Collective: Die Zähmung der Weirdness

2009 wird das Jahr des Animal Collective. Neben dem einhelligen Kritikerlob für ihr jüngst erschienenes Album »Merriweather Post Pavillon« (Domino/Indigo) scheint sich tatsächlich auch kommerzieller Erfolg einzustellen – inklusive Chartseinstieg in die US-Top 20.

Eigentlich sollte das ein Grund zur Überraschung sein. Als das Kollektiv kurz nach der Jahrtausendwende mit den ersten Tonträgern an die Öffentlichkeit trat, war es Teil einer Szene von New Yorker Bands, die schnell das Etikett »New Weird America« aufgedrückt bekam. Der sich zuspitzenden weltpolitischen Lage standen Künstler gegenüber, die sich anstelle politischer Positionierung der transzendentalen Weltflucht hingaben.

Indierock trifft Free Jazz

Dabei zeigten sich gerade hier die speziellen Qualitä­­ten des amerikanischen Undergrounds: die Fähigkeit zur Selbstorganisation und zum produktiven Stilbruch. Platten des Animal Collectives, der No Neck Blues Band oder von Black Dice vereinen Indierock-Stilmittel mit der Improvisationsästhetik des Free Jazz, ohne dessen Drang nachzugeben, ekstatische Höhepunkte aneinander zu reihen. Die Ziellosigkeit dieser Musik stellte eine Antithese zum manichäischen Entscheidungszwang offizieller Politikentwürfe dar.

Das Animal Collective brachte in den Noise noch die Unbeschwertheit des kalifornischen Psychedelic ein. Daran hat sich bis heute wenig geändert, nur die Mittel sind andere geworden. Der freie Freakout ist seit dem 2004 erschienenen Album »Feels« durch Variationen des klassischen Folk­songs mit mehrstimmigem Chorgesang ergänzt worden. Und mit der aktuellen Veröffentlichung hat sich die Vorliebe des zum Trio geschrumpften Projekts für Mi­ni­mal­techno auch im elektronischen Grundgerüst der Songs niedergeschlagen.

Wer nun den Eindruck hat, das Animal Collective sei mit »Merriweather Post Pavillon« im Streichelzoo angekommen, dem dürften die Liveshows des Kollektivs eine willkommene Alternative bie­ten. Denn hier finden die drei Mitglieder zu der Synthese aus klassischen Popharmonien und improvisiertem Freakout, die ihren Entwurf von Popmusik auch über das Jahr 2009 hinaus spannend machen wird.